Veranstaltungen

Vortrag von Dr. des. Lasse Wichert: Albert Leo Schlageter. Mythos und Narrativ

Donnerstag, 26. April 2018

Aus der Reihe: Forum am Donnerstag.

Immer donnerstags stehen in der "Villa" aktuelle Bücher und Themen im Mittelpunkt der Vorträge und Lesungen aus den Bereichen Belletristik, Journalismus und Geschichtskultur. Ein anschließendes Gespräch mit dem Publikum ist ausdrücklich erwünscht!

Außerhalb neonazistischer Kreise sagt der Name Albert Leo Schlageter heute meist nur noch Historikern etwas. Das war in den 1920er und 1930er Jahren deutlich anders. Es gab wohl kaum eine Stadt in Deutschland, in der es keinen Gedenkort für diesen zum Nationalmärtyrer stilisierten nationalistischen Aktivisten und Freikorpskämpfer gab, und sowohl auf der politischen Rechten wie auch der Linken kam man als Politiker nicht umhin, sich in irgendeiner Weise zu ihm zu positionieren. Der Grund für diese immense Popularität ist nicht zuletzt in den Umständen seines Todes zu suchen: Während der französischen und belgischen Besetzung des Ruhrgebietes (1923-25) gehörte er zu einer Gruppe vornehmlich ehemaliger Freikorpskämpfer, denen der von der Reichsregierung ausgerufene "passive Widerstand" nicht weit genug ging. Stattdessen begannen sie, den Abtransport von Kohle und Stahl mittels Sprengung von Gleisanlagen zu sabotieren. Wegen dieser Taten wurde Schlageter von einem französischen Militärgericht zum Tode verurteilt und am 26. Mai 1923 auf der Düsseldorfer Golzheimer Heide hingerichtet. Unmittelbar nach seinem Todg setzte eine Mythisierung des Hingerichteten ein, die auch in dieser Zeit ihresgleichen suchte. So erschien eine schier unüberschaubare Anzahl von Texten (Artikeln, Hagiographien, Erzählungen, Romanen, Gedichten und Dramen), in denen kollektive Befindlichkeiten eine hochgradige Verdichtung erfuhren und Schlageter zu der Integrationsfigur der Weimarer Rechten schlechthin avancierte.

Der Vortrag fragt nach eben jenen konventionalisierten Erzählstrukturen (Narrativen), denen diese Mythisierung folgt. Dr. Lasse Wichert ist Komparatist und Politikwissenschaftler. Er arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Diaspora- und Genozidforschung der Ruhr-Universität Bochum. Seine Forschungsschwerpunkte im Bereich Literatur und politischer Gewalt, insbesondere Genozid, zu Mythentheorie, Narratologie, Diskurs- und Kulturgeschichte.