Die Lebenswelten der Opfer und Täter – dokumentiert in den beiden Auschwitz Fotoalben

Donnerstag, den 2. Mai 2013

19.30 – 21.30 Uhr Prälat-Diehl-Haus, Grabenstraße 20, 64372 Ober-Ramstadt,

Vortrag von Prof. Dr. Gideon Greif – Tel Aviv (Israel), Austin (USA).

Im Abschluss an den  öffentlichen Vortrag findet eine Diskussion statt.

Die zwei Fotosammlungen, die unter dem Titel „Das erste Auschwitz Album“ (auch bekannt als „Lili Meier Album“) und „Das zweite Auschwitz Album“ (auch bekannt als „Karl Höcker Album“) große Aufmerksamkeit auf sich zogen, zeigen die stark dualistische Welt von Auschwitz-Birkenau. Auf der einen Seite steht die Lebenswelt der Opfer, die das erste Album darstellt. Dort werden das Leiden, die Erniedrigung und der Mord an den Juden Ungarns während der Massendeportationen und Vergasungen im Frühling und Sommer 1944 dokumentiert. Ebenso wird das konsequente Lügensystem der Täter dargestellt, die ihre Opfer bis zum Schluss im Ungewissen über ihren nahen Tod ließen und sie damit auf hinterhältige Weise täuschten.

Auf der anderen Seite zeigt uns das zweite Album die Lebenswelt der Täter, die im Freizeitort Solahütte ihr Leben genießen – ohne jegliche Schuldgefühle oder Gewissensbisse. Solahütte liegt 30 Kilometer von Auschwitz-Birkenau und seiner Tötungsmaschinerie entfernt; dies macht die Parallelexistenz dieser beiden total verschiedenen Welten in direkter räumlicher Nähe deutlich.

Somit werden in den beiden Bildbänden extreme Gegensätze in der menschlichen, moralischen und kulturellen Realität von Auschwitz-Birkenau in der damaligen Zeit deutlich. Dadurch können wir heute die beiden total voneinander getrennten Lebenswelten der Täter und Opfer besser begreifen.

Das erste Album, das von Lilly Jacob Meier entdeckt wurde, war erst nur einem kleinen Kreis bekannt, bis es 1980 der israelischen Holocaust Gedenkstätte Yad Vashem übergeben und schließlich 2002 publiziert wurde. Das Original befindet sich im Historischen Museum von Yad Vashem in Jerusalem.

Beim zweiten Album handelt es sich um Aufnahmen des SS-Obersturmführers Karl Friedrich Höcker, Adjutant des letzten Lagerkommandanten Richard Baer, die erst 2006 dem Holocaust Memorial Museum in Washington übergeben und daraufhin bekannt wurden.

Der Vortrag beschäftigt sich hauptsächlich mit den Themen Menschlichkeit, moralische Werte, historische Fotografie in ihrer Bedeutung und Auschwitz als Symbol des Bösen. Dies alles steht vor dem Hintergrund der ebenfalls thematisierten Dimension von Auschwitz.

Zur Person des Referenten:

Der 1951 in Tel Aviv/Israel geborene Historiker stammt aus einer deutsch-sprachigen jüdischen Familie. Zwischen 1983 und 2009 arbeitete der im Yad Vashem Holocaust-Museum in Jerusalem als Redakteur, Forschungsleiter und Pädagoge und war Dozent an der International School for Holocaust Studies. Seit 2011 ist er Professor am Schusterman Center für jüdische Studien an der Universität von Texas in Austin/USA. – Sein ganzes wissenschaftliches Leben hat er sich mit der Geschichte des Holocaust beschäftigt. Sein erstes Buch in deutscher Sprache erschien 1995 „Wir weinten tränenlos – Augenzeugenberichte der jüdischen Sonderkommandos in Auschwitz“ (Böhlau-Verlag, Fischer – TB 1999).

 

Eine Veranstaltung von Gegen Vergessen Für Demokratie e.V., Sektion Südhessen.