Vier Holocaust-Überlebende erhielten das Bundesverdienstkreuz
Bundespräsident Joachim Gauck hat vier seit vielen Jahren in der Erinnerungsarbeit engagierten ungarischen Überlebenden der Shoa das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland verliehen. Die so gewürdigten Persönlichkeiten sind: Frau Ágnes Bartha, Frau Blanka Pudler, Herr Prof. em. Dr. György Dénes und Frau Éva Pusztai.
Botschafter Dr. Matei Ion Hoffmann und der Gesandte Klaus Peter Riedel übergaben die Auszeichnungen im Beisein von Freunden, Verwandten und Weggefährten der vier Geehrten. Dabei würdigten sie den langjährigen Einsatz der Genannten gegen das Vergessen und für die Versöhnung von Ungarn, Juden und Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Holocaust.
Nach dem Zweiten Weltkrieg und in der Zeit des Kommunismus fand eine echte Aufarbeitung der Vergangenheit in Ungarn nicht statt. Auch in den Familien wurde meist geschwiegen. Dies begann sich allmählich zu ändern, als der Eiserne Vorhang Ende der 80er Jahre durchlässig zu werden begann. Gedenkstätten, Schulen, Bürgerinitiativen und Wissenschaftler aus Deutschland suchten seinerzeit vermehrt die Begegnung mit ungarischen Überlebenden.
Hieraus sind ganz besondere Freund- und Partnerschaften sowie zahlreiche gemeinsame Projekte entstanden. Sie reichen von Gedenkveranstaltungen, Diskussionsrunden, lebendigen Geschichtsstunden in den Schulen bis hin zu Buchveröffentlichungen [...]
Frau Blanka Pudler überlebte die Zwangsarbeit in einer Munitionsfabrik in Hessisch-Lichtenau, einer Außenstelle des KZ Buchenwald. Ende der 80er Jahre lernte sie den Historiker Dr. Dieter Vaupel kennen und nahm an einer Geschichtswerkstatt in Hessen teil. Seither berichtet sie immer wieder in Deutschland wie in Ungarn öffentlich von ihren Erlebnissen, besucht Schulen und andere Einrichtungen. Außerdem hält sie Kontakt zu Organisationen wie Aktion Sühnezeichen / Friedensdienste und dem Maximilian-Kolbe-Werk. Die Künstlerin Elke Mark hat die Lebensgeschichte von Frau Pudler in einer Broschüre und einem Dokumentarfilm festgehalten. Beide sind unter dem Titel „Kanarienvogel“ veröffentlicht worden – eine Anspielung auf das Äußere der Häftlinge von Hessisch-Lichtenau, deren Haare und Haut sich unter dem Einfluss giftiger Chemikalien bunt verfärbten [...]
Der Deutschen Botschaft Budapest ist der Kontakt zu Überlebenden der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik aus Ungarn besonders wichtig. Bereits seit vielen Jahren hält sie anlässlich des Volkstrauertags gemeinsam mit dem Direktor für Internationale Beziehungen des Verbands Jüdischer Gemeinden in Ungarn, Professor Ernö Lazarovits, eine Gedenkveranstaltung am Ehrenmal auf dem Jüdischen Friedhof in der Budapester Kozma-Straße ab.
Im Rahmen ihrer Möglichkeiten fördert die Botschaft Projekte, die sich der Erinnerung und der Aufarbeitung der Shoa widmen. Hierzu gehörte zuletzt die Vorstellung des Stücks „Wallenberg“ am 15. und 16.05.2012 an der Deutschen Bühne Ungarn in Szekszárd. An der Eröffnung des diesjährigen Raoul-Wallenberg-Gedenkjahrs am 17.01.2012 nahmen der Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe, Markus Löning, und Botschafter Dr. Matei Ion Hoffmann teil.
Quelle: Deutsche Botschaft Budapest
Foto: Klaus Peter Riedel überreicht Blanka Pudler das Bundesverdienstkreuz(© Deutsche Botschaft Budapest)
Jürgen Jessen, Mitglied der RAG Nordhessen-Südniedersachsen von Gegen Vergessen - Für Demokratie e.V., setzt sich seit Jahren für eine Dokumentation und Aufarbeitung der Zwangsarbeit in der Munitionsfabrik in Hessisch-Lichtenau / Hirschhagen ein.