Im April 2015 gedachte die Stadt Nordhausen der Opfer der Zerstörung vor 70 Jahren auf vielfältige Weise.
Angeregt durch Gespräche vieler Nordhäuser Bürgerinnen und Bürger, die als Zeitzeugen viel Interessantes zu berichten hatten und noch haben, und den Willen, das Geschehene zu dokumentieren und auch für die junge Generation zu erhalten, trafen sich Zeitzeugen, Ausstellungsmacher der „FLOHBURG | Das Nordhausen Museum“, Lehrer, Schüler und Vertreter der RAG Thüringen des Vereins „Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V.“ und entwickelten ein Konzept für die Sonderausstellung „ Erinnerungen an die Zerstörung Nordhausens vor 70 Jahren“.
Als Initiator und Mitgestalter der Ausstellung trug Dr. Manfred Schröter, erster frei gewählter Oberbürgermeister von Nordhausen nach dem Umbruch 1989/90, wesentlich zum Gelingen des Projektes von Schülern und Zeitzeugen bei. Er trug viele Sachzeugnisse, wie Dokumente Bilder und Gegenstände zusammen, teils aus seinem Privatarchiv, teils von anderen Nordhäuser Leihgebern und stellte sich als Zeitzeuge für Gespräche und ein Interview zur Verfügung. Er beschäftigt sich seit mehr als 30 Jahren als Zeitzeuge und Lokalhistoriker u.a. mit diesem Teil der Nordhäuser Geschichte, hat die Stadt Nordhausen auf Konferenzen und Historikertagungen vertreten und ist der Autor zahlreicher Publikationen zu den Luftangriffen.
Nur durch die Förderung der bundesweiten Vereinigung „Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V.“, Herrn Dr. Parak, sowie Herrn Dr. Schröter, dem Förderverein Flohburg e.V. und einigen Nordhäuser Stadträten konnte das Konzept der Ausstellung umgesetzt werden. Es entstand eine Sonderausstellung, die auch zu anderen Anlässen oder an anderen Orten gezeigt werden kann.
Das Konzept zielte darauf ab, das tausendjährige Nordhausen mit seiner einzigartigen Altstadt im Vergleich mit Bildern nach der Zerstörung darzustellen. Den bildhaften Kontrast verstärkend, fügten die Ausstellungsmacher Erinnerungsberichte von Augenzeugen der Bombardierung hinzu. In dieser Form werden 17 Tafeln präsentiert, die die Fakten des zweitägigen Angriffs und deren Folgen beinhalten. Eine Ausstellungstafel beschäftigt sich mit der Bombardierung des Außenlagers „Boelcke-Kaserne“ des KZ Mittelbau-Dora.
Die Schülerinnen und Schüler des Staatlichen Gymnasiums „Wilhelm von Humboldt“ und der Staatlichen Regelschule „G. E. Lessing“ aus Nordhausen praktizierten u.a. „Oral History“ für ihre Recherchen, nutzten den reichen Fundus des Stadtarchivs und arbeiteten in enger Kooperation mit dem Team der Flohburg und den Zeitzeugen zusammen. Bei Stadtrundgängen der besonderen Art mit dem Zeitzeugen Dr. Manfred Schröter konnten die Schülerinnen und Schüler Geschichte durch Geschichten an Ort und Stelle aus dem alten Nordhausen erfahren.
Die Eröffnungsveranstaltung zur Ausstellung gestalteten die Schüler eigenständig. Sie trugen im Wechsel vor, was sie in der vergangenen Wochen im Archiv und bei Gesprächen über die Stadtgeschichte erfahren hatten und führten eindrucksvoll in die Ausstellung ein.
Als besonderes Angebot wurde dieses Thema in den Mittelpunkt des internationalen Museumstages am 17. Mai 2015 gestellt. Mit filmischen Dokumentationen und einem Zeitzeugen-Gespräch wurde ein abwechslungsreiches Programm geboten, was über 450 Gäste des Nordhäuser Museums annahmen.
Durch Sponsoring einer Firma und der Unterstützung des Fördervereins Flohburg e.V. war es möglich, dem Wunsch vieler Museumsbesucher zu entsprechen und ein Ausstellungsbegleitheft mit den Tafeln anbieten zu können, was regen Zuspruch fand.
Der Präsentationszeitraum dieser Sonderausstellung wurde wegen der großen Nachfrage um eine Woche verlängert. Die Ausstellung konnte vom 4. April bis zum 24. Mai 2015 besichtigt werden und ca. 4800 Menschen nutzten dieses Angebot. 14Schülergruppen wurden betreut. Es kam zu interessanten Begegnungen von Jugendlichen mit Zeitzeugen.
Eine umfangreiche Dokumentation der Zeitzeugenberichte sowie eine wissenschaftliche Untersuchung der Opferzahlen und der Gründe für die Bombardierung steht noch aus. Vielleicht regt diese Sonderausstellung, die bei der Bevölkerung sehr großen Anklang fand dazu an, dieses Forschungsdesiderat zu beseitigen.
Nordhausen, den 16.06.2015
RAG Thüringen