Den Anstoß für die vorliegende kommentierte Dokumentation haben Initiativen für die Umbenennung der Alois-Wunder-Straße in Pasing und die daran anschließenden Diskussionen gegeben, in denen wiederholt verschiedene Legenden zur Pasinger Lokalgeschichte vorgetragen wurden. Es wurde deutlich, dass über Dr. Wunder nur sehr unklare und historisch nicht gesicherte Vorstellungen bestanden. Seine Tätigkeit in der Zeit der Diktatur war bis dahin überwiegend beschwiegen oder verklärt worden.
Ein weiterer Anlass für diese Veröffentlichung war der Umgang der Landeshauptstadt München mit den Anträgen auf Umbenennung der Alois-Wunder-Straße, die in nichtöffentlicher Sitzung des Ältestenrates des Stadtrates abgelehnt wurden, ohne dass die Gründe für diese Entscheidung veröffentlicht worden wären.
Die Dokumentation hat deshalb zwei Schwerpunkte: Erstens die Erhellung von Wunders Rolle in der NS-Zeit - dazu gehört sein Verhältnis zum Antisemitismus, zur Jugend und zur Eingemeindung Pasings nach München; Zweitens die Darstellung der außerordentlich verworrenen und irritierenden Geschichte der Straßenbenennung nach Wunder, die bis heute reicht.
Diese Dokumentation richtet sich einerseits an Stadtrat und Verwaltung der Landeshauptstadt München, den Bezirksausschuss 21 Pasing-Obermenzing und die interessierte Öffentlichkeit, andererseits ist sie auch als Material für die Beschäftigung mit dem Thema in Schulen und im außerschulischen Bildungsbereich gedacht. Damit soll eine Grundlage und Handreichung für einen öffentlichen Diskurs und eine qualifizierte Beurteilung gegeben werden, ob die für die Pasinger Geschichte zweifellos wichtige historische Persönlichkeit Alois Wunder weiterhin eine Ehrung durch die Benennung einer Straße nach ihm verdient hat.
Die in diesem Band versammelten 64 Dokumente beleuchten in erster Linie Wunders Verhalten nach der nationalsozialistischen Machtübernahme. Einen besonderen Stellenwert haben Wunders Reden im Pasinger Stadtrat und in der Öffentlichkeit. Nach 1945 waren sie vergessen; Wunder selbst gab am 31. Januar 1946 in seiner Stellungnahme im Rahmen des Entnazifizierungsverfahrens die Linie vor: „[…] ich kann mich nicht erinnern, bei […] öffentlichen Veranstaltungen gesprochen zu haben.“ – Die vorliegenden Redetexte widerlegen diese Aussage und beenden darüber hinaus jegliche Legendenbildung um die Person Dr. Wunders.
Die Autoren dieser Dokumentation gehören nicht zu den Initiatoren der Straßenumbenennungsanträge. Sie haben in den vergangenen Jahren an zwei lokalhistorischen Projekten des Instituts für zukunftsweisende Geschichte e. V. mitgearbeitet, die jeweils als Ausstellung mit einem ausführlichen Begleitband in der Pasinger Fabrik präsentiert wurden: „Ins Licht gerückt. Jüdische Lebenswege im Münchner Westen“ (2008) und „Alles wird anders: Pasing im 3. Reich“ (2013). In beiden Publikationen wurde bereits die Rolle des langjährigen Pasinger 1. Bürgermeisters Alois Wunder während der NS-Zeit genauer beleuchtet.
Jedes Kapitel der Dokumentation beginnt mit einer Einleitung der Autoren. Zusätzlich zu den 64 Dokumenten aus Archiven und zeitgenössischen Artikeln der Lokalzeitungen werden auch sieben Beiträge der Autoren veröffentlicht, die entweder aus den oben erwähnten Publikationen stammen oder neu verfasst wurden.
Pressemitteilung Institut für zukunftsweisende Geschichte e. V.
Der 1. Vorsitzende Dr. Bernhard Schoßig ist Mitglied von Gegen Vergessen - Für Demokratie e.V.
… nur ein Mitläufer? Der Pasinger Bürgermeister Dr. Alois Wunder während der Zeit des Nationalsozialismus
Verlag: Pro Business GmbH Berlin
München/ Berlin 2017
ISBN 9-783864-606885
10 €