Nachruf auf Noach Flug

Am 11. August 2011 starb im Alter von 86 Jahren der Präsident des Internationalen Auschwitz Komitees, Noach Flug, nach kurzer, schwerer Krankheit in Jerusalem. Noach Flug, geboren 1925 in Lodz, wurde mit seiner jüdischen Familie von den Nationalsozialisten ins Ghetto von Lodz und später nach Auschwitz deportiert. Befreit wurde er als 20-Jähriger am 6. Mai 1945 im Lager Ebensee in Österreich. Er wog 32 Kilo. Nach seiner Befreiung studierte Noach Flug in Warschau Ökonomie. 1958 siedelte er mit seiner Familie nach Jerusalem über. Er war bis zu seinem Ruhestand im diplomatischen Dienst des Staates Israel tätig.

2002 wurde Noach Flug von den Überlebenden des Lagers Auschwitz-Birkenau zum Präsidenten des Internationalen Auschwitz Komitees gewählt. In seiner rastlosen Tätigkeit – auch als Präsident der Holocaust-Überlebenden in Israel – ging es ihm vor allem um die Erinnerung an die Ermordeten und die Lebensumstände der Überlebenden: die finanzielle Entschädigung für alle überlebenden Sklavenarbeiter des Dritten Reiches war für ihn nicht in erster Linie eine finanzielle Frage, sondern ein Problem, das sich aus der Würde und der Verletzlichkeit der betroffenen Menschen sowie ihrem tiefen Wunsch nach Gerechtigkeit ergab.

Besonders setzte sich Noach Flug – gemeinsam mit seinen polnischen und französischen Freunden – für den Erhalt und die zukünftige pädagogische Arbeit der Gedenkstätte in Auschwitz-Birkenau ein. Die Internationale Jugendbegegnungsstätte in Oswiecim/Auschwitz, die durch viele Spenden und aus Mitteln der deutschen Bundesregierung errichtet worden war, galt ihm als der wichtigste Beweis für das Erinnerungsvermögen und die Zukunftsfähigkeit der deutschen Außenpolitik.

Noach Flug war kein durch seine Geschichte Getriebener. Freundlichkeit und Menschenliebe prägten seinen Charakter: Aus dem Dunkel der Geschichte die Demokratie zu stärken, Antisemitismus und Rassismus zu bekämpfen und die Toleranz unter den Menschen zu fördern – das waren seine Triebfedern. Er sprach – gemeinsam mit seiner Frau Dorotha, die ebenfalls Auschwitz überlebt hat – mit Jugendlichen in aller Welt ohne Aggression und Bitternis über ihre Erlebnisse.

2006 war Noach Flug durch Bundespräsident Horst Köhler mit dem Großen Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet worden: seine engen Verbindungen zu deutschen Institutionen und zu deutschen Freunden waren ihm ein ständiges Anliegen und eine Freude. Die Welt ist ohne Noach Flug dunkler und ärmer geworden.

Noach Flug wurde in Jerusalem bestattet. Das Internationale Auschwitz Komitee hat am 6. September 2011 mit einer Trauerfeier in Berlin an Noach Flug erinnert, an der auch der Vorsitzende von Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V., Joachim Gauck, sowie Geschäftsführer Dr. Michael Parak teilnahmen.