Mordechaj Ciechanower singt jiddische Lieder

Volker Mall

Mordechaj Ciechanower war der erste Überlebende des KZ-Außenlagers Hailfingen/Tailfingen, zu dem die Sektion Böblingen/Herrenberg/Tübingen Kontakt aufgenommen hat, nachdem sie ihn über Dokumente in Yad Vashem in Ramat Gan (Israel) ausfindig gemacht hatte.

Mordechaj Ciechanower ist am 27. Februar 1924 in Maków Mazowiecki (Polen) geboren. Er verbrachte seine Kindheit im Schtetl. Nach Ghetto und Arbeitslager wurde er mit der Familie nach Auschwitz deportiert. Nach der Selektion am 10. Dezember 1942 wurden seine Mutter und die beiden Schwestern in der Gaskammer ermordet. Mordechaj Ciechanower fand durch Zufall Arbeit im Dachdecker-kommando von Auschwitz-Birkenau und überlebte dank der etwas besseren Arbeitsbedingungen. Am 26. Oktober 1944 wurde er nach Stutthof und im November 1944 nach Tailfingen/Hailfingen transportiert. Nach Auflösung dieses Außenlagers kam er Mitte Februar nach Dautmergen. Von dort wurde er Ende März nach Bergen-Belsen deportiert und am 15 April 1945 durch britische Truppen befreit. Nachdem er im DP-Lager Feldafing seinen Vater wieder getroffen hatte, kam er auf abenteuerliche Weise nach Israel. Er lebt mit seiner Frau Dvora in Ramat Gan (Israel).

Er hat die Sektion Böblingen/Herrenberg/Tübingen mehrfach besucht. Seine Mission ist, alles zu erzählen, so lange er atmen kann, damit die Opfer der Schoah nie vergessen werden.

Die Sektion Böblingen/Herrenberg/Tübingen hat seine Autobiographie übersetzt und bearbeitet und unter dem Titel „Der Dachdecker von Auschwitz-Birkenau“ 2007 im Metropol-Verlag herausgegeben. In verschiedenen Veranstaltungen wurde dieses Buch vorgestellt. Dabei erzählte Mordechaj Ciechanower aus seinem Leben und er sang jiddische Lieder. So entstand die Idee, mit ihm eine CD zu produzieren.

Unter den 12 Liedern auf der CD stammen 5 von Mordechaj Gebirtig: Huljet, huljet kinderlech, Kinderjorn, Mojschele, majn frajnd S'brent! (Unser schtetl brent) und das amüsante Lied des alten Ehepaares Dos alte porfolk.
Natürlich fehlen unter den „politischen“ nicht die beiden Lieder von Hirsch Glik Schtil, di nacht is ojsgeschternt und Sog nischt kajnmol (Partisaner lid).

Sog nischt kajnmal, as du gejst dem letstn weg,
Chotsch himlen blajene farschteln bloje teg.
Kumen wet noch unser ojsgebenkte scho,
S'wet a pojkton unser trot: mir senen do! (...)

Sage nie nicht, du gehst den allerletzten Weg,
Schluckt das Blei im Himmel auch des Tages Licht,
Unsre heißerhoffte Stunde ist schon nah,
Trommeln werden unsere Schritte: Wir sind da! (...)

(Übersetzung Wolf Biermann in: Henry Armin Herzog,
Und der Himmel vergoss keine Tränen, Köln 2000, S.26 f.)

Einem der Lieblingslieder von Mordechaj Ciechanower entstammt der Titel der CD: In der kuschnje von Schmuel Ajchel.

(...)Er klapt dos ajsn, funken fajer flien,
Un er singt derbaj a lid. (...)

Er schlägt das Eisen, Funken fliegen,
Und er singt dabei ein Lied.

(...)Far der frajhejt wos wet kumen,
Singt er mutik, singt er hejs.
Un er filt nischt wi es gist sich
Fun sajn ponim tajchn schwejs. (...)

(...)Von der Freiheit, die kommen wird,
Singt er mutig und heiß.
Und er spürt nicht,
Wie der Schweiß von seiner Stirn rinnt. (...)

Ein Lied tauchte aus Mordechaj Ciechanowers Erinnerung auf, als die Buchvorstellungen vorbereitet wurden: Schwestern, brider. Es ist ein Kampf- und Mutmach-Lied, das „Majorek, der Dichter“ im Arbeitslager Rozan für seine Leidensgenossen - unter ihnen Mordechaj Ciechanower - geschrieben hat.

Zusätzlich zu diesen Liedern liest Iris Berben aus Mordechaj Ciechanowers Autobiographie Der Dachdecker von Auschwitz-Birkenau eine kurze Passage, ein Ausschnitt aus einer Benefiz-Veranbstaltung, die die Sektion Böblingen/Herrenberg/Tübingen mit Iris Berben im Februar 2010 in Herrenberg durchführte.
Und schließlich erzählt Mordechaj Ciechanower in einem Zusammenschnitt  seines denkwürdigen Vortrags im Herbst 2005 in der Bürgerhalle Tailfingen vor 500 Zuhörern aus seinem Leben.

Mordechaj Ciechanower wird auf dem Klavier begleitet von Volker Mall (Herrenberg), der auch die Arrangements geschrieben hat. Die Aufnahme und die Mischung hat Hans Kipfer (Stockholm) besorgt, Tonmeister bei BIS-Records (Åkersberga Schweden).  Die Produktion übernahm Johannes Kuhn (Berlin). Konzept und Booklettext stammen von Volker Mall und Johannes Kuhn.

Die CD kann für 10,-€ plus Porto bestellt werden bei Birgit Kipfer, der Sprecherin der Sektion:
Krebsbachweg 34, 71116 Gärtringen oder kipfer.rohrau(at)t-online.de.
 
Weitere Informationen: www.kz-gedenkstaette-hailfingen-tailfingen.de

Volker Mall ist Mitglied der RAG Baden-Württemberg, Sektion Böblingen-Herrenberg-Tübingen.