„Lernen Sie von dem, was wir erlebt haben...“- Interviews mit Überlebenden von Theresienstadt

von Rudolf Grimm

„...und versäumen Sie nicht, das, was wir versäumt haben in unserer Jugend aus Unkenntnis. Und unterschätzen Sie nie den Faschismus ! Er ist schlimmer, als er scheint. Und er beginnt leider so, wie er vor sechzig oder siebzig Jahren begonnen hat. Und ziehen Sie daraus Ihre Schlüsse und entscheiden Sie sich für Ihr Leben, ob Sie so etwas erleben wollen, wie wir es erlebt haben – es muss nicht immer nur gegen die Juden gehen  oder ob Sie in einer freien Demokratie leben wollen“.

Das sagt  Lisa Mikova, Überlebende von Theresienstadt, Auschwitz und Mauthausen, im Interview.

 Freiwillige von „Aktion Sühnezeichen Friedensdienste“ und dem österreichischen „Gedenkdienst“ hatten 2004 in Zusammenarbeit mit der Gedenkstätte Terezin (Theresienstadt ) ein Interview- Projekt mit Zeitzeugen, die sich regelmäßig in der Gedenkstätte Terezin mit Gruppen zumeist jugendlicher Besucher trafen und mit ihnen diskutierten, durchgeführt.

 „Mit jedem Jahr, das verstreicht, wird leider die Anzahl der Zeitzeugen kleiner. So ist anzunehmen, dass wir in absehbarer Zeit keine Zeitzeugengespräche mehr arrangieren können. Deshalb erscheint es uns notwendig, die Aussagen und damit hintergründig das Anliegen der Zeitzeugen so aufzuzeichnen, dass sie für spätere Verwendung so lebensnah wie möglich erscheinen“, so die Freiwilligen in einer „Ideenskizze“.

 „Wir sind die letzte Generation, die man noch fragen kann. Und nächstens werden Sie nur noch Bücher lesen und diese Filme sehen, aber eine Antwort auf Fragen wird es nicht mehr geben.“ (Lisa Mikova ).

 Es sind die unmittelbar anrührenden Gespräche mit den Zeitzeugen, die Einmaligkeit des Miteinander im Gespräch zwischen ihnen und den Besuchergruppen in der Gedenkstätte Terezin, welche  bald nicht mehr möglich sein werden. Was sich zwischen den Worten durch Gesten, Blicke, spontane Reaktionen vermittelt, das kann man nicht aufschreiben, das kann man nur im Film vermitteln, so die Überzeugung der Freiwilligen.

 Und so wurden elf gefilmte Interviews mit Überlebenden von Theresienstadt, Auschwitz, Lodz, Bergen – Belsen, Groß Rosen und Mauthausen in deutscher Sprache geführt, jedes etwa eineinhalb Stunden lang. Die Gesamtlänge des ungeschnittenen Materials beträgt sechzehn Stunden. Ein umfangreiches Unternehmen also, aufgenommen durch eine Filmfirma aus Prag und auf sendefähigem Material gespeichert. Die Rechte an den auf Deutsch geführten und transkribierten Interviews liegen bei der Gedenkstätte Terezin.

Finanziell unterstützt haben das Projekt die Firmen Daimler – Chrysler und VW- Skoda.

Bis jetzt wurde keine Möglichkeit gefunden, die gefilmten Interviews z.B. im Rahmen von Ausstellungen oder Dokumentarfilmen weiter zu verwenden oder in einer Dokumentation zu veröffentlichen. Es ist ein Schatz zu heben, ein Dokument liegt vor, das in der Eindringlichkeit der Gespräche überzeugt.

 Rudolf Grimm war Freiwilliger für Aktion Sühnezeichen/Friedensdiente in der Gedenkstätte Terezin 2003/2004 und ist Mitglied von Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V.