Für die Aufwertung des Denkmals an der Berliner Tiergartenstr. 4

Stellungnahme

Am 10. November 2011 beschloss der Deutsche Bundestag, die Bundesregierung aufzufordern, sich »für eine Aufwertung des in Berlin bestehenden Denkmals für die in der Zeit des Nationalsozialismus ermordeten Kranken und Behinderten einzusetzen« sowie am historischen Standort der Planung des Verbrechens, der Tiergartenstraße 4, »weitergehend« über die ›Euthanasie‹-Morde und die Zwangssterilisationen »zu informieren« (Drucksache 17/5493).

Die Unterzeichnenden begrüßen diesen Beschluss, für den sie sich seit Jahren eingesetzt haben, und verbinden damit den Wunsch, dass die Umgestaltung dieses historischen Ortes  dazu beiträgt, die Erinnerung an die Massentötungen – vor allem an psychisch kranken und behinderten Menschen – durch Ärzte, medizinisches und Verwaltungspersonal sowie SS-Einsatzkommandos in der öffentlichen Wahrnehmung Deutschlands zu verankern.

 Wir teilen die Auffassung des Bundestages, dass es am historischen Ort der Täter keines neuen Denkmals bedarf, sondern vor allem der Information. Zugleich begrüßen wir die Forderung, das historische Gebäude – die zentrale Dienststelle der Krankenmordorganisation – sichtbar zu machen und die bestehende Gedenktafel in die Neukonzeption angemessen einzubeziehen. Es geht darum, über dieses komplexe und lange verdrängte Thema so verständlich wie möglich aufzuklären. Hierfür ist eine Darstellung der Vorgeschichte, der Täter und des Leids der Opfer, aber auch der Nachwirkungen dieses ersten nationalsozialistischen Massenmordes, insbesondere als Vorstufe zum Holocaust, am Ort notwendig.

 Der Beschluss des Bundestages setzt einen Anfang; die entscheidenden Prozesse der inhaltlichen Gestaltung des historischen Orts Tiergartenstraße 4 liegen noch vor uns. An ihrer Umsetzung sollten die genannten Bundesstiftungen, Opfer- und Verbände der Behindertenselbsthilfe, die deutsche Ärzteschaft und medizinische Fachgesellschaften, ebenso wie einschlägige Gedenkstätten und die historische Forschung beteiligt sein.

Berlin, den 14. November 2011

 

Unterzeichnet von

 

Margret Hamm

Arbeitsgemeinschaft »Bund der ›Euthanasie‹-Geschädigten und Zwangssterilisierten«

 

Sigrid Falkenstein

Runder Tisch ›T 4‹, Berlin

 

Prof. Dr. Dr. Frank Schneider

Past Präsident der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde

Direktor der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik am Universitätsklinikum Aachen

 

Dr. h. c. Joachim Gauck

Vorsitzender »Gegen Vergessen – Für Demokratie e. V.«

 

PD Dr. Thomas Beddies

Institut für Geschichte der Medizin an der Charité, Berlin

 

Dr. Petra Fuchs

Institut für Geschichte der Medizin an der Charité, Berlin

 

Dr. Annette Hinz-Wessels, Berlin

 

Prof. Dr. Michael von Cranach, Psychiater

 

PD Dr. Georg Lilienthal

Gedenkstätte Hadamar

 

PD Dr. med. Gerrit Hohendorf, Medizinhistoriker,

Technische Universität München, für den »Arbeitskreis zur Erforschung der nationalsozialistischen ›Euthanasie‹ und Zwangssterilisation«

 

Dr. Michael Wunder, Dipl.-Psychologe, Hamburg,

für den »Arbeitskreis zur Erforschung der nationalsozialistischen ›Euthanasie‹ und Zwangssterilisation«

 

Prof. Dr. Volker Roelcke

Direktor des Instituts für Geschichte der Medizin, Universität Gießen

 

apl. Prof. Dr. Hans-Walter Schmuhl

Universität Bielefeld, Fakultät für Geschichtswissenschaft, Philosophie und Theologie

 

Sascha Topp

Institut für Geschichte der Medizin, Universität Gießen

 

Prof. Dr. Andreas Nachama

Geschäftsführender Direktor der Stiftung Topographie des Terrors

 

Prof. Dr. Wolfgang Benz

Sprecher des Beirats der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas

 

Uwe Neumärker und Dr. Ulrich Baumann

Direktor und stellv. Direktor der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas