Veranstalter: Regionale Arbeitsgruppe Rhein-Ruhr-West von Gegen Vergessen - Für Demokratie e.V.
Veranstaltungsablauf:
Die vergessene Volkserhebung. Die Ereignisse: Vorgeschichte und Verlauf des 17. Juni
Dr. Günther Neumann, Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V. (Duisburg)
Was nicht sein darf, das nicht sein kann! Der 17. Juni im kollektiven Gedächtnis des geteilten und vereinten Deutschlands
Prof. Dr. Bernd Faulenbach, Stellv. Vorsitzender von Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V. (Bochum)
Aussprache
17. Juni – da war doch was? So oder ähnlich dürften die Antworten ausfallen, befragt man beliebige Passanten nach der Bedeutung dieses Tages. Die heute 70jährigen erinnern sich an – im Normalfall quälende – Gedenkveranstaltungen für die „Brüder und Schwestern“ in der diktatorisch regierten Deutschen Demokratischen Republik. Die heute 50jährigen wissen vielleicht noch, daß der 17. Juni als Tag der Deutschen Einheit bis 1990 Staatsfeiertag der Bundesrepublik Deutschland (West) war, auch wenn er in der Tat den eigenen Familien oder Freundeskreisen und nicht den Deutschen jenseits des „eisernen Vorhangs“ gewidmet wurde. Und ansonsten wahrscheinlich Achselzucken: Nada, niente, nothing ...
Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel. Und ein Ausnahmeereignis war auch der 17. Juni 1953 in der an Freiheitskämpfen so armen deutschen Geschichte. Breite Volksunruhen, um nicht zu sagen: Aufstände, für ein demokratisches Staatswesen, so etwas hatte es in Deutschland seit 1848, oder mit Abstrichen seit 1918 nicht mehr gegeben.
Die ironische Pointe lag zudem in der Anordnung der Konfliktparteien: Im Kern wurde die Bewegung getragen von der „herrschenden Klasse“ der DDR, den Arbeitern, und richtete sich gegen die „Führung der Arbeiterklasse“, gegen die damals herrschende SED. Glaubwürdigkeitsverlust kann keinen deutlicheren und nachhaltigeren Ausdruck finden.
Die grundsätzliche Bedeutung des „17. Juni“ erschließt sich im Nachgang: Der Aufstand war das sehr frühe Wetterleuchten, das von dem 35 Jahre später folgenden Ende des Realen Sozialismus in Osteuropa und Rußland kündete. Ihm schlossen sich in kurzer Folge die Unruhen in Polen und der Aufstand in Ungarn 1956, die abermaligen Unruhen in Polen 1968, die Reformversuche in der Tschechoslowakei 1968, die Streikbewegung der Solidarnosz, wiederum in Polen, 1980 – bis Ende der 80er Jahre Gorbatschow versuchte mit seiner Politik in der damaligen Sowjetunion die Konsequenzen aus dem beständigen Druck von außen und der andauernden Unrast im Inneren zu ziehen.
Mit der Veranstaltung Arbeiteraufstand gegen die „Arbeitermacht“ erinnert die Vereinigung „Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V.“ an die damaligen Freiheitskämpfe. Prof. Dr. Bernd Faulenbach, stellvertretender Vorsitzender derselben, wird die wechselnde Bedeutung dieser Ereignisse in der Nachkriegsgeschichte der Deutschen beleuchten, Dr. Günther Neumann zuvor Ursachen und Gang der damaligen Vorgänge darstellen. Eingangs spricht Benno Lensdorf, 1. Bürgermeister der Stadt Duisburg, ein Grußwort.
Zu den Referenten
Da von den beiden Referenten des Abends einer aufgrund seines jahrzehntelangen Engagements in Duisburg, es muss so formuliert werden, sehr bekannt ist, werden an dieser Stelle für ihn einige wenige formelle Daten aufgeführt, der andere Referent hingegen wird hier in den Mittelpunkt gestellt.
Prof. Dr. Bernd Faulenbach
arbeitet als Zeithistoriker an der Ruhr-Universität in Bochum. Bis 2007 war er stellv. Direktor des Forschungsinstituts Arbeit, Bildung, Partizipation. Seit 2002 ist er Mitglied der Wissenschaftlichen Leitung des Editionsprojektes Dokumente zur Deutschlandpolitik.
Faulenbach war und ist Mitglied einer Reihe von Gremien im Grenzbereich von Wissenschaft, Kultur und Politik. 1992-1998 war er sachverständiges Mitglied der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages zur Aufarbeitung von Geschichte und Folgen der SED-Diktatur, seit 1998 ist er stellvertretender Vorsitzender der Bundesstiftung „Aufarbeitung“
und seit 2001 Mitglied der Deutsch-Russischen Historiker-Kommission.
Seit 1993 fungiert Faulenbach als Vorsitzender der Fachkommission Brandenburgische Gedenkstätten, seit 1998 ist er Mitglied des Beirates der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas. Seit 2001 ist er stellvertretender Vorsitzender der Vereinigung Gegen Vergessen - Für Demokratie. Der Bochumer Historiker hat zahlreiche Bücher und Aufsätze publiziert zur Geschichte des 20. Jahrhunderts, zur Geschichte der Bundesrepublik und der DDR, zur Geschichte der Arbeiterbewegung und der europäischen Erinnerungskultur.
Dr. phil. Günther Neumann,
geb. 1945 in Oberaula/ Osthessen, schloss ein Studium der Klassischen Philologie und Wissenschaftlichen Politik in Marburg mit Staatsexamen 1970 ab und promovierte 1974. Von 1971 bis 1993 war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fach Politische Wissenschaft an der Universität – GH – Duisburg (bzw. ihren Vorgängern der PH Ruhr, Abt. Duisburg bzw. Gesamthochschule Duisburg) tätig. In dieser Zeit führte er eine Reihe von
Lehrveranstaltungen zu Geschichte und Politik der DDR durch. Danach Referent der SPD–Fraktion im Landtag NRW 1993 – 1996 und im Anschluss Referent im Ministerium für Wissenschaft und Forschung bzw. im Ministerium für Schule und Weiterbildung NRW bis 2010. Günther Neumann ist langjähriger Sprecher der RAG Rhein-Ruhr West der Vereinigung „Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V.“.