Bagatellisierung, Staatsgedenken und Solidarität
In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurden im Deutschen Reich weit über 1.200 Synagogen in Brand gesetzt und tausende Geschäfte jüdischer Unternehmer zerstört und geplündert. Nahezu 100 Menschen wurden während der nationalsozialistischen Ausschreitungen direkt ermordet, etwa 30.000 jüdische Männer in den Tagen danach in Konzentrationslager verschleppt. Die Erinnerung an den Novemberpogrom ist heute ein wichtiges Datum im politischen Gedenkkalender. Das war nicht immer so. Die Deutschen, so will es eine verbreitete Vorstellung, haben sich nach 1945 zunächst gar nicht an die "Reichskristallnacht" erinnert. Erst Ende der 1970er Jahre begann die Vereinnahmung des Datums per Verstaatlichung. Dieser These widerspricht Schmid. Für die BRD zeichnet er detailliert die Geschichte der Vergesellschaftung des Gedenkens an den Novemberpogrom bis in die Gegenwart nach.
Dr. Harald Schmid ist Politikwissenschaftler und Zeithistoriker. Langjährige Lehr- und Forschungstätigkeit an den Universitäten Hamburg und Kiel. Schmid war u. a. Mitglied im Historikerteam der Ausstellung "Verbrechen der Wehrmacht. Dimensionen des Vernichtungskrieges 1941–1944". Seit 2011 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter der Bürgerstiftung Schleswig-Holsteinische Gedenkstätten. Zahlreiche Publikationen vor allem zu den Themen Erinnerungskultur, Geschichtspolitik, Gedenkstätten, Rechtsextremismus, Regionalgeschichte; Mitherausgeber des "Jahrbuchs für Politik und Geschichte".
Bei der Vortrags- und Diskussionsreihe "Mittwochsgespräche" steht im zweiten Halbjahr 2018 das Thema "1938" im Fokus. Hochkarätige Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler präsentieren ihre neuesten Forschungen und Werke. Im Anschluss an jeden Vortrag ist eine Diskussion ausdrücklich erwünscht.
Weitere Informationen zu den Veranstaltungen vom Geschichtsort Villa ten Hompel im 2. Halbjahr 2018 finden Sie hier