Die von der Münchner Ehrenbürgerin und Politikerin sowie Mitglied von Gegen Vergessen - für Demokratie, Professorin Dr. Hildegard Hamm-Brücher, 2010 ins Leben gerufene Stiftung „Münchner Bürgerpreis gegen Vergessen - Für Demokratie“ wurde zunächst unter diesem Namen und mit der Münchner Sprecherin der Regionalen Arbeitsgruppe von Gegen Vergessen - Für Demokratie als Geschäftsführerin, dann im Sozialreferat der Landeshauptstadt verwaltet. Inzwischen ist der Namen in „Münchner Bürgerpreis für Demokratie - gegen Vergessen“ geändert und seit einigen Jahren ist sie im Kulturreferat angesiedelt. Die Stiftung lobt alle zwei Jahre einen mit 5.000 Euro dotierten Preis für besonderes gesellschaftliches und politisches Engagement aus. Sie möchte junge Menschen zur Stärkung der Demokratie ermutigen, die Wachsamkeit gegenüber antidemokratischen Entwicklungen fördern und zur Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit im Sinne einer lebendigen Erinnerungskultur beitragen. Außerdem wurde jedes Jahr ein Ehrenpreis vergeben. Jurymitglieder sind der Kulturreferent Anton Biebl, Detlef Esslinger, Verena Miriam Hamm, Dr. Manfred Heimers, Dr. Hans-Georg Küppers, Ilse Macek, Lukas Muffler, Karin Schmidbauer, Michael Schneider-Velho, Ilse Ruth Snopkowski und Dr. Mirjam Zadoff.
Am 25. Oktober erhielt das Kunstfestival „Ausarten – Perspektivwechsel durch Kunst: Jüdisch-Muslimischer Dialog“ den Preis für sein außergewöhnliches gesellschaftliches Engagement. Das Festival initiiert einen Rahmen, in dem Werke von jungen Künstlerinnen und Künstlern, mit und ohne Migrationshintergrund aus ganz Deutschland drei Wochen lang in den Räumlichkeiten des Münchner Forum für Islam e.V. ausgestellt werden. Außerdem werden Workshops zu Theater, Musik, kreativem Schreiben und Fotografie organisiert. Den Veranstalterinnen und Veranstaltern – ein gemischtes Team aus Jüdinnen und Juden, Musliminnen und Muslimen – ist es ein wichtiges Anliegen, Kultur niederschwellig für ein diverses Publikum zugänglich zu machen. Das Festival möchte Räume öffnen, in denen sich Menschen über die Mittel von Kunst und Kultur mit den Themen Vielfalt, Teilhabe und kulturelle Hybridität auseinandersetzen können. Besucherinnen und Besucher begegnen sich unabhängig von Geschlecht, Abstammung, Hautfarbe, Sprache, religiösen oder politischen Anschauungen sowie sexueller Orientierung auf Augenhöhe.
Der Ehrenpreis der Stiftung ging an Ernst Grube für sein unermüdliches, jahrzehntelanges Engagement für die Erinnerungskultur.
Ernst Grube ist einer der wenigen noch lebenden Münchner, der die Diskriminierung, Ausgrenzung und Verfolgung durch die Nationalsozialisten erlebt hat. Er wurde 1932 in München geboren und lebte mit seiner Familie bis 1938 in einer Wohnung der jüdischen Gemeinde direkt neben der Hauptsynagoge. Kurz vor dem Novemberpogrom 1938 brachten die Eltern Ernst und seine beiden Geschwister im jüdischen Kinderheim in der Antonienstraße unter. Nach Schließung des Heims kam Ernst mit seinen Geschwistern 1942 in die „Judenlager“ Milbertshofen und Berg am Laim, seit 1943 lebte er wieder bei den Eltern, in ständig wechselnden Wohnungen. Im Februar 1945 wurde der Zwölfjährige zusammen mit seiner Mutter Clementine, seinem älteren Bruder Werner und seiner kleinen Schwester Ruth nach Theresienstadt deportiert. Dort wurden sie am 8. Mai von der Roten Armee befreit und kehrten nach München zurück. Ernst Grube machte eine Lehre zum Malermeister, holte auf dem zweiten Bildungsweg das Abitur nach und wurde Berufsschullehrer. Er protestierte gegen die Wiederbewaffnung Deutschlands und engagierte sich politisch in FDJ, Gewerkschaft und KPD. Seit Jahrzehnten setzt er sich unermüdlich für eine lebendige Erinnerungskultur ein, berichtet als Zeitzeuge von seiner Lebensgeschichte und seinen Verfolgungserfahrungen. Außerdem mischt er sich beständig in aktuelle politische Debatten ein, um eindeutig Stellung zu beziehen: gegen Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus und jede Form von Ausgrenzung, Krieg und Gewalt, und für eine offene und tolerante demokratische Gesellschaft.
Oberbürgermeisters Dieter Reiter übergab die Preise am 25. Oktober im NS-Dokumentationszentrum und hielt eine Rede auf die Stifterin Professorin Dr. Hildegard Hamm-Brücher. Laudator*innen waren Prof. Björn Bicker, Hochschule für Angewandte Wissenschaften Coburg für den Bürgerpreis, Dr. Mirjam Zadoff, Direktorin sowie Dr. Thomas Rink, ebenfalls NS-Dokumentationszentrum München für den Ehrenpreis.
z.T. wörtlich entnommen aus dem Artikel aus der Rathaus-Umschau vom 20.10.2021: https://ru.muenchen.de/pdf/2021/ru-2021-10-20.pdf
Siehe auch https://www.sueddeutsche.de/muenchen/muenchen-buergerpreis-demokratie-islam-1.5449518