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Ines Geipel und Joachim Walther: "Gesperrte Ablage“

Donnerstag, 14. April 2016

Unterdrückte Literaturgeschichte in Ostdeutschland 1945 - 1989

Über 40 Jahre Literaturgeschichte, die nicht stattfinden sollte, die unterdrückt und auch nach 1989 bislang kaum in den Blick genommen wurde: Ines Geipel und Joachim Walter erzählen sie.

Der DDR-Diktatur ist es gelungen, auch nach ihrem Untergang das Gedächtnis der Öffentlichkeit im Hinblick auf die Geschichte des literarischen Schaffens zu beeinflussen. Das einfache Bild, das während ihrer Existenz vorherrschte, ist das von den „staatstragenden“ Künstlern und deren „Kontrapunkten“, den kritischen, aber trotzdem loyalen Autorinnen und Autoren, die oft auch im Westen zu Berühmtheit gelangen konnten. Ein sehr geschöntes Bild, denn in Wahrheit ist dies nur der zugelassene Teil der Literaturgeschichte – bestimmte Stoffe und Ästhetiken, ja, alles wirklich Nonkonforme, Experimentelle, Widerständige wurde konsequent behindert, unterdrückt, verfolgt,verschwiegen, abgelegt und weggesperrt.

Wenn Kunst etwas mit Freiheit zu tun hat, dann ist dies die wahre Literaturgeschichte Ostdeutschlands, und sie muss gegen die nach wie vor  zähe Propaganda eines Systems erzählt werden. Ines Geipel und Joachim Walther tun dies detail- und kenntnisreich und eröffnen den Blick  auf ein literarisches Leben, das trotz lebensgefährlicher Konsequenzen für die Freiheit des Wortes einstand.

In einem Auszug aus dem Vorwort definiert der Mitautor Joachim Walther „die DDR als moderne Diktatur, als poststalinistisches totalitäres System der angestrebten totalen Kontrolle, daraus folgt, dass sowohl das offiziell gesteuerte , funktionalisierte, kollektive Gedächtnis als auch das unbegrenzte und deshalb in Diktaturen generell der Eliminierung unterworfene kulturelle Speichergedächtnis und also die gesamten Literaturverhältnisse der sicherheitspolitischen Kontrolle der Partei und des Staates unterworfen sein mussten. Das hieß auch Verhinderung eines Gegen-Diskurses oder der Entstehung eines Gegen-Gedächtnisses, Implantation einer staatlich-sakralen Erinnerungskultur mittels Mausoleen, Wimpeln, Plakaten, Abzeichen, Fahnen, Spruchbändern, Symbvolen, Jahrestagen, Mahnmalen etc. Dazu: Schutzschilde vor häretischer Entzauberung, paranoide Verfolgung des freien Wortes, Gleichzeitigkeit von Kanonisierung und Zensierung, Honorierung des Angepassten und Stigmatisierung des Kritischen. Dies alles gehört unabdingbar zu dem fundamentalen, existentiell überlebenswichtigen Repertoire der Machtsicherung derart verfasster Gesellschaften.

Ines Geipel, geboren 1960 in Dresden, war Sprintweltrekordlerin, beendete 1985 aus politischen Gründen ihre Sportkarriere und flüchtete 1989 in die Bundesrepublik. Seit 1996 arbeitet sie als Schriftstellerin und Publizistin. 2000 war sie Nebenklägerin im Berliner Doping-Prozess, Seit 2001 ist sie Professorin an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“. Sie veröffentlichte Romane und Lyrik, aber vielfach auch zu konfliktgeladenen Themen der Nachwendezeit, wie Amok, Doping, Leben und Literatur in der DDR-Diktatur und deren Transformation. Zuletzt erschien  „Generation Mauer. E§in Porträt“, 2014. Gemeinsam mit Joachim Walther  begründete sie das „Archiv unterdrückter Literatur in der DDR“.

 

Eine Veranstaltung des Politischen Bildungsforums Thüringen der Konrad-Adenauer-Stiftung in Kooperation mit Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V. - RAG Thüringen, der Stadt Nordhausen und FLOHBURG | Das Nordhausen Museum.