„Im Tigerkäfig der Stasi“. Vernissage zur Gemäldeausstellung mit Werken von Gino Kuhn am Dienstag, dem 05.03.2013 um 17 Uhr in der

Veranstaltungsbericht

Frauenzuchtahaus HOHENECK Öl a Holz 88x70

Am 5. März fand um 17 Uhr die Eröffnung der Gemäldeausstellung mit Werken von Gino Kuhn in den Räumen der BStU Außenstelle Erfurt statt. Der Einladung waren 35 interessierte Personen gefolgt. Dazu hatte Gino Kuhn eine Auswahl seiner Werke, neuen und auch älteren Datums, von Cottbus bzw. Buchen mit nach Erfurt gebracht. Die dargestellten Inhalte der Gemälde sind vielfältig. Sie behandeln:

  DDR-Diktatur
  Mauerbau und Mauerfall
  Fluchthilfe
  Szenen aus den U-Haftanstalten Cottbus und Hohenschönhausen
  im Zuchthaus
  Frauenknast Hoheneck und andere

Begrüßt wurden der Künstler Gino Kuhn und die zur Vernissage erschienenen Gäste durch Herrn Bogoslawski als Vertreter des Außenstellenleiters. Er bedankte sich bei dem Künstler für sein Engagement und seinen Beitrag zur Aufarbeitung des SED-Unrechts und auch bei den Mitveranstaltern – KAS Bildungswerk Thüringen, Landeszentrale für politische Bildung in Thüringen und bundesweite Vereinigung „Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V.“ -  für die Ausrichtung der Ausstellung in organisatorischer und finanzieller Hinsicht. Nach einigen Informationen zur Person Gino Kuhn und zu seinem Wirken übergab Herr Bogoslawski das Wort an Frau Dr. Klose von der bundesweiten Vereinigung „Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V.“  zu einem Grußwort, stellvertretend für alle drei Mitveranstalter.

Frau Dr. Klose stellte die Person Gino Kuhn vor, würdigte sein Engagement bei der Aufarbeitung von Menschenrechtsverletzungen in der DDR und hob die Malerei als Mittel der persönlichen Aufarbeitung hervor. Sie ermutigte Gino Kuhn, sich auch zukünftig, bei der Auseinandersetzung mit dem SED-Unrecht, über sein Medium „Malerei“ einzubringen und wünschte ihm Kraft zum Engagement und weiterhin viel Erfolg.

In seine Ausstellung führte der Künstler selbst ein. Nach einer kurzen Schilderung seiner Vita  zeichnete sich schon der Themenkreis, wie oben genannt, seines zukünftigen künstlerischen Schaffens ab.

1955 in Walldürn, nahe Heidelberg, geboren, wuchs er in bürgerlichen Verhältnissen auf, absolvierte eine Haupt-Realschule, erlangte den Abschluss einer Berufsfachschule und unterzog sich einer zweijährigen Ausbildung zum Fernmeldehandwerker. 1975 zog er nach Berlin und nahm erstmals die Mauer und die geteilte Stadt  in seiner ganzen Tragweite wahr. Über eine Fluchthilfeorganisation will er ausreisewilligen DDR-Bürgern zur Flucht verhelfen. Erst als Kurier tätig, unternahm er am 23. Oktober 1975 eine Schleusung und wurde durch Verrat aus den eigenen Reihen mit drei DDR-Bürgern im Kofferraum am Grenzübergang Wartha-Herleshausen verhaftet. Es folgte Untersuchungshaft beim MfS in Erfurt, Cottbus und Berlin-Hohenschönhausen und am 8. April 1976 die Verurteilung vor dem Bezirksgericht Cottbus wegen „Staatsfeindlichen Menschenhandels“ zu 6 Jahren Haft, die er in Berlin-Rummelsburg zunächst absitzen muss. Am 10. Februar 1978 wurde er durch Freikauf aus der Haft entlassen.
In seinen Bildern und Zeichnungen findet er seinen Weg, die Hafterlebnisse zu verarbeiten und sein Trauma weitestgehend zu bewältigen. Bemerkenswert ist, dass er trotz der eigenen seelischen Erschütterung, den Blick für das Leid anderer Menschen in ähnlichen Situationen aufbringt. So setzt er den Frauen,  die in Hoheneck unter schwierigsten Bedingungen leben und zwangsarbeiten mussten, mit dem Gemälde „Frauenzuchthaus HOHENECK“ ein Denkmal. Das Menschenrechtszentrum Cottbus e.V. erinnert an den 50.Jahrestag des Mauerbaus mit einem „Kunstwerk in progress“, das an die vielen Maueropfer erinnern soll. Gino Kuhn entwarf, konzipierte und gestaltet das Mahnmal. Auf jeweils einem Ziegel wird der Name eines Todesopfers eingebrannt und im entstehenden Denkmal verbaut ( nähere Informationen unter www.menschenrechtszentrum-cottbus.de ).
Die Gemälde mit Bezug zur Haftzeit sind erschütternde Zeugnisse des SED-Unrechts!!!

Zu seinen Kunstwerken sagte Gino Kuhn:
„Meine Gemälde und Zeichnungen sollen ein Mahnmal sein und widerspiegeln, welchen entwürdigenden Haftbedingungen wir ausgesetzt waren (Isolationshaft – Folter – Schlafentzug – Knebelketten, Haar- und Zahnausfall in Folge von mangelnder Ernährung – Zwangsarbeit und Demütigungen aller Art ). Da ich in Worten nicht ausdrücken kann, was geschehen ist, sollen meine Gemälde und Zeichnungen von dauerhaft-zeitlosem Rang sein, und das persönliche Trauma ins Licht der Öffentlichkeit stellen.Es soll ein Beitrag zur Aufklärung sein, zum gegenseitigen Respekt und zur Toleranz, in der Hoffnung, dass so etwas allen Menschen dieser Welt erspart bleibt.“

Für die musikalische Umrahmung der Begrüßungsrede, des Grußwortes und der eindrücklichen Schilderungen von Gino Kuhn konnte „Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V.“ zwei virtuos spielende Schüler, Aaron und Johann-Elias Hähnel, vom Erfurter Edith-Stein-Gymnasium gewinnen. Die zwei jungen Musiker, mit Schifferklavier und Klarinette, präsentierten die angemessene Musik so einfühlsam, dass sie zum Abschluss des offiziellen Teiles der Vernissage um eine Zugabe gebeten wurden. Vielen Dank dafür!!!

Die Gemäldeausstellung  ist bis zum 25. April 2013 im Gebäude der BStU Ast. Erfurt, Petersberg Haus 19, 99084 Erfurt täglich von 9 bis 18 Uhr zu besichtigen. Der Eintritt ist frei.

Nordhausen, den 07.03.2013
„Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V.“ RAG Thüringen