Bericht zum Vortrag und Gespräch mit Dr. Hanna Labrenz-Weiß „Die Kreisdienststelle des MfS in Nordhausen“

Foto: Joachim Heise

Am 21. April 2015 um 19:00 Uhr war es dann so weit. Nach mehrjähriger Recherchearbeit in den Akten der Kreisdienststelle für Staatssicherheit des Kreises Nordhausen referierte Frau Dr. Labrenz-Weiß, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen,  im Nordhäuser Stadthistorischen Museum „FLOHBURG | Das Nordhausen Museum“ über die Ergebnisse Ihrer Forschungsarbeit, stellte sich den Fragen der interessierten Besucher und nahm bei dieser Gelegenheit auch sachdienliche Hinweise bzw. Berichte individuellen Erlebens aus der Zeit des Zusammenbruchs der DDR entgegen.

Die Bewerbung des Vortrags mit Gespräch in der Nordhäuser Presse lockte an diesem Abend 130 Besucher aller Altersgruppen in die Flohburg. Dabei nicht gezählt wurden all jene Besucher, die aus Platzgründen nicht am Vortrag teilnehmen konnten.

In ihrem Vortrag behandelte Frau Dr. Labrenz-Weiß, eine aus Polen stammende Historikerin, die von Joachim Gauck eingestellt wurde und seit 1991 Themen des SED-Unrechts aufarbeitet, nicht den Gesamtumfang ihrer Forschungsergebnisse, sondern wählte Kapitel  von allgemeinem Interesse aus, Es war zu erfahren, dass im Kreis Nordhausen ca. 600 IM registriert waren, aber nur 300 mehr oder weniger gute Informationen lieferten, dass die GMS (Gesellschaftliche Mitarbeiter Sicherheit) im Gegensatz zu den IM in der Mehrzahl der Fälle keine Verpflichtungserklärungen unterzeichneten, somit auch nicht zu den inoffiziellen Mitarbeitern gezählt werden dürften, dass die Kreisdienststelle neben weiteren vier Referaten      die Referate „Grenzsicherung“ und „Volkswirtschaft“ als Schwerpunktbereiche (SPB) behandelte. Die Themen „Operative Personenkontrolle“ (OPK), „Operativer Vorgang“ (OV) und „Operatives Material“ (OM) erwähnte die Referentin nur kurz, ausführlicher behandelte sie Kuriositäten in der Operativen Arbeit an Hand ausgewählter Beispiele.Auffallend schien der Historikerin der Umgang mit der Konspiration, nicht nur, dass die zur Verfügung stehenden 66 konspirativen Wohnungen ( KW ) in Nordhausen und im Landkreis nur etwa zur Hälfte für Treffs zwischen Führungsoffizier/Führungs-IM und Informant genutzt wurden, nein, vermutlich aus Bequemlichkeit und sorglosem Agieren legendierten Führungsoffiziere  und Führungs-IM  betriebliche Büros oder auch öffentliche Einrichtungen zu Treffquartieren ab. Ausführlich berichtete Frau Dr. Labrenz-Weiß über die Entwicklung der Informanten in Abhängigkeit von der Zeit, so erfuhren die Besucher, dass in den 1950er Jahren Verweigerung vorherrschte, die geworbenen Informanten erschienen nicht zu Treffs und /oder lieferten keine Berichte, andere lehnten es ab, unter Decknamen zu berichten. In den 1960er Jahren schulten Offiziere angeworbene IMs, um die Qualität der Operativen Arbeit zu verbessern. Sie erreichte in den 1980er Jahren eine Qualität, die vor dem Leiter der Bezirksverwaltung Anerkennung erfuhr. Aber wie im richtigen Leben gab es bei den kontinuierlichen Überprüfungen der Kreisdienststelle  durch die Bezirksverwaltung des MfS auch immer wieder Kritik.

Nach Beendigung des Vortrags entwickelte sich eine rege Diskussion, die sich auf das Vorgetragene bezog, aber auch ergänzende Details der Besucher hervorbrachte. Da der Forschungsauftrag für Frau Dr. Labrenz-Weiß sehr eng gesteckt war und nur zu vorgegebenen  Teilgebieten der Kreisdienststelle geforscht wurde´, blieben auch einige Besucherfragen offen.

Nach Begrüßung durch die Museumsleiterin, Frau Dr. Cornelia Klose, den Grußworten des Außenstellenleiters Erfurt des BStU, Wolfgang Brunner, und des Oberbürgermeisters der Stadt Nordhausen, Dr. Klaus Zeh, der musikalischen Umrahmung durch den Nordhäuser Musiker Ronald Gäßlein, dem Vortrag von Frau Dr. Labrenz-Weiß und dem anschließenden Gespräch, das von Frau Hildigund Neubert, Thüringer Landesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen a.D., moderiert wurde, endete die Abendveranstaltung um 21:30 Uhr nach über 2 ½ Stunden.

 

Nordhausen, den 26. April 2015