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Der Verein Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V. RAG Münsterland trauert um Dr. Gisela Schwarze

Der Verein Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V. RAG Münsterland trauert um

Dr. Gisela Schwarze,

die am 23. März 2015 kurz vor ihrem 83. Geburtstag verstorben ist.

Sie war die Mitbegründerin der Regionalen Arbeitsgruppe Westfalen des Vereins und hat wesentlich zu deren konzeptioneller und inhaltlicher Ausprägung beigetragen.  Durch persönliches Engagement hat sie vorwiegend sehr viele Persönlichkeiten des öffentlichen, politischen und wissenschaftlichen Lebens  zur Mitarbeit und Mitgliedschaft gewonnen und diese zu Aktivitäten motiviert.

Sie selbst hat zentrale Projekte zu aktuellen historischen Zeitfragen angestoßen und durch ihr persönliches Engagement vorangetrieben. Hier muss ganz besonders die Problematik der Zwangsarbeiterinnen und ihrer Kinder im Nationalsozialismus erwähnt werden. Unermüdlich und sehr erfolgreich hat sie sich auch für die Entschädigung dieses Personenkreises eingesetzt und erreicht, dass den Überlebenden im Rahmen des Machbaren gewissermaßen  Wiedergutmachung widerfahren ist. Ganz besonderen Wert hat sie darauf gelegt, dass diese Opfergruppe zum ersten Mal in deren Leben ihr Leiden und die langwierigen Folgen erzählen konnte. Sie hat sie damit aus der Anonymität hervorgeholt und ihnen und ihrem Schicksal ein persönliches Gesicht gegeben.

Sie  hat in mehreren wissenschaftlichen Publikationen diese Problematik gerade im Westfälischen Raum aufgearbeitet, bisher nicht bekannte oder unbeachtete historische Quellen bekannt gemacht, Hintergründe aufgezeigt, Leidensorte ermittelt und verortet (von herausragender, exemplarischer Bedeutung: das zentrale Entbindungs- und Abtreibungslager in Waltrop-Holthausen) und Gedenkkultur angeregt. Zahlreiche Vorträge hielt sie zu dieser Thematik vor heimatlichem Publikum und – was ihr besonders wichtig war – vor Schülerinnen und Schülern. Mehrfach hat sie ehemalige Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter aus dem  einstigen Russischen Staatsgebiet nach Westfalen eingeladen und Begegnungen initiiert, die nachhaltige Folgen zeitigten.

Bis zu ihrem Tode hat sie z. B. an dem Projekt „Kindergräber von Zwangsarbeiterinnen“ auf dem Alten Friedhof von Rheine-Mesum mitgewirkt.

In ihrer „Bilanz. Ein Leben zwischen Krieg und Frieden“, die sie - kurz vor ihrem Tode erscheinen -  noch selbst der Öffentlichkeit präsentieren konnte, hat sie noch einmal eindrucksvoll ihre persönlichen Erfahrungen und die Hintergründe für ihr Handeln und Arbeiten beschrieben.

Wir würdigen ihren streitbaren Geist und ihr lebenslanges Engagement, wir werden ihr ein  ehrendes Andenken bewahren !

 

Horst Wiechers,                                                          

Sprecher der RAG Münsterland des Vereins Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V.

 

Stefan Querl,

Pädagogisch-Wissenschaftlicher Mitarbeiter                                              Historisch-Politische Bildungsarbeit,

Geschichtsort Villa ten Hompel