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Vortrag: Psychiatrie als Ordnungsmacht?

Freitag, 4. Mai 2018

Vortrag von Prof. Andreas Heinz, Universitätsklinikum Berlin, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie (CCM) zum Thema Normativität und Normalisierung in der Geschichte und Gegenwart der psychiatrischen Praxis

Die Zwangssterilisation und massenhafte Ermordung psychisch kranker Menschen in der Zeit des Nationalsozialismus wurde auch durch eine vorhergehende Entwertung der Lebenserfahrungen und Äußerungen dieser Personen ermöglicht. Dazu zählen Vergleiche mit anderen als vermeintlich "minderwertig" angesehenen Personengruppen wie beispielsweise den angeblich "primitiven" Bewohnern der Kolonien. Dazu zählen aber auch antisemitische Äußerungen psychiatrischer Gutachter nach der Münchner Räterepublik über die dort aktiven Revolutionäre. Jenseits solcher offenkundiger Versuche zur gewaltsamen "Normalisierung" der Bevölkerung anhand sozial-darwinistischer und rassistischer Stereotype stellt sich die Frage nach dem Bezug psychiatrischer Diagnosen auf Norm- und Wertsetzungen. Eine differenzierte Auseinandersetzung mit dem Krankheitsbegriff zeigt, dass der Unterscheidung von gesund und krank immer eine wertebasierte Zuschreibung "gesunder" und lebenswichtiger Funktionen vorausgeht. Es stellt sich also die Frage nach den spezifischen Werten, denen sich eine humanitär orientierte Psychiatrie stellen muss.

Die Veranstaltung zählt zum Rahmenprogramm der Wanderausstellung "erfasst, verfolgt, vernichtet" der Deutschen Gesellschaft für Psychologie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN), die am 10. April im Haus am Dom eröffnet wird und bis zum 17. Mai im Zollamtssaal (MMK3) zu sehen sein wird.

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