Zum Tode von Wolf Middelmann

Hanna und Wolf Middelmann im Gespräch mit dem heutigen Vorstandsmitglied Stefan Querl während der Mitgliederversammlung 2016 in Kassel. Foto: Harry Soremski

von Winfried Nachtwei

Am 27. November 2019 verstarb der 87-jährige Wolf Middelmann. Der ehemalige Französisch- und Erdkundelehrer aus Göttingen engagierte sich seit 1993 in einzigartiger Weise für die Holocaust-Überlebenden im Baltikum. Zusammen mit seiner Frau Hannah besuchte er über 25 Jahre halbjährlich die meist einsamen alten, oft kranken Menschen, mobilisierte für sie verlässliche Hilfe, wurde ihnen zu Freunden. In rund 50 Rundbriefen berichtete das Ehepaar persönlich-konkret und aufrüttelnd von den Schicksalen und der sozialen Situation derjenigen, die unter deutscher Besatzung Unmenschlichstes in Ghetto und KZ erlebten, die meisten Angehörigen verloren – und die danach über Jahrzehnte mit ihren Verwundungen und Verlusten allein gelassen wurden. Mit ihrer verlässlichen Zuwendung und Herzlichkeit haben Hannah und Wolf vielen Holocaust-Überlebenden im Baltikum den Lebensabend gewärmt und verlängert. Sie wurden Judenretter unter heutigen Bedingungen. 

Beim politischen Einsatz für eine würdige „Entschädigung“ erlebte ich (MdB ab 1994) Wolf als beharrlichen, herausragenden Berater, „Drängler“ und Ermutiger: mit seinen kritischen Kommentaren, vielen bohrenden, detaillierten Fragen, mit strategischen und taktischen Überlegungen, mit konstruktiven Vorschlägen  - und vor allem den vielen eindringlichen Berichten zu Einzelschicksalen.

Mit ihm haben wir einen hartnäckigen Streiter und Praktiker für Menschenrechte verloren, ein lebensfroher Menschenfreund, wenn nötig auch mit berechtigt-gerechtem Zorn. Für diejenigen, die ihn kennenlernen und mit ihm aktiv sein durften, lebt er anders weiter: in lebhafter Erinnerung und als bleibender Auftrag.

Die ausführlichen Erinnerungen Winfried Nachtweis an Wolf Middelmann finden Sie auf Opens external link in new windowNachtweis Homepage.