Umbenennung des Wernher-von-Braun-Gymnasiums Friedberg. Stellungnahme der Regionalen Arbeitsgruppe Augsburg-Schwaben von Gegen Vergessen - Für Demokratie e.V.

Dr. Bernhard Lehmann, Sprecher der Regionalen Arbeitsgruppe Augsburg-Schwaben von Gegen Vergessen-Für Demokratie e.V.

Wernher von Braun in seinem Büro als Direktor des „NASA Marshall Space Flight Center“ in Alabama in den 1960er Jahren.

In seiner vielbeachteten Rede vom 8. Mai 1985 äußerte Bundespräsident Richard von Weizsäcker: „Aber wir dürfen nicht im Ende des Krieges die Ursache für Flucht, Vertreibung und Unfreiheit sehen. Sie liegt vielmehr in seinem Anfang und im Beginn jener Gewaltherrschaft, die zum Krieg führte. Wir dürfen den 8. Mai 1945 nicht vom 30. Januar 1933 trennen.“

Wernher von Braun ist in der Verwirklichung seines Traums, den Mensch in den Weltraum zu bringen, bewusst den Umweg über die Massenproduktion von Vernichtungswaffen, die er für die Deutschen und später für die US-Amerikaner baute, gegangen: „Der Mann war so besessen von seiner Vision, einer intellektuellen Gier, dass jede Anpassung bei ihrer Verwirklichung gerechtfertigt scheinen konnte.“ (Washington Star, 20.Juni 1977, 4 Tage nach dem Tod W.v. Brauns)

Hierzu stellte er sich ab Dezember 1932 in den Dienst der Reichswehr, dann bot er den NS-Gewaltherrschern seine Mitarbeit am Raketenprogramm an. Das Heereswaffenamt (HWA) wusste früh um die Bedeutung der Raketentechnik. Von Mai 1937 bis Ende des II. Weltkrieges war Braun Direktor der Versuchsanstalt Peenemünde, und damit verantwortlich für den Bau der ersten Großrakete, dessen Flüssigtreibstoff Hydrazinhyrat ab 1943 unter anderem in Gersthofen in der Firma Transehe unter Einsatz von Zwangsarbeitern produziert wurde. Braun nutzte die Arbeitskraft von Zwangsarbeitern aus dem KZ Dora, die dort unter unmenschlichen Bedingungen hausten. Tausende verloren im Stollen ihr Leben.

Von Braun war von Anfang an integraler Baustein im System „jener Gewaltherrschaft, die zum Kriege führte“ (R. von Weizsäcker).

Wernher von Braun war Mitglied der NSDAP und Hauptsturmführer der SS, für die er Vernichtungswaffen produzierte. Er arbeitete für eine Organisation, die nach dem II. Weltkrieg 1945 mit allen ihren Untergliederungen als verbrecherische Organisation verboten und aufgelöst wurde.
Wir können beim besten Willen keinen Vorbildcharakter der Persönlichkeit Wernher von Brauns erkennen.

Auch in Augsburg gab es mutige Frauen und Männer, die verfolgt wurden, deren Leben oft in Konzentrationslagern endete. Dazu gehört beispielsweise auch Fritz Pröll, der das KZ Dora nicht überlebte. Viele Bombenopfer sind zu beklagen. Wernher von Braun waren alle Opfer gleichgültig. Nach 1945 hat sich Wernher von Braun niemals von der Politik der Nationalsozialisten distanziert. Es ist blanker Hohn, wenn eine Schule, die jungen Menschen Vorbilder, Richtlinien und stabile Wertvorstellungen an die Hand geben sollte, nach einem gewissenlosen Opportunisten benannt ist.

Die Historiker ordnen Wernher von Braun nicht in die Kategorie der Mitläufer, sondern der Täter ein.
Im Kalten Krieg, in der Zeit also, als das Gymnasium Friedberg nach dem Raketenbauer benannt worden war, galten andere Maßstäbe, wissenschaftlichen Fortschritt hielt man für einen unstrittigen Wert. Heute liegen die Verhältnisse anders. 

Michael Neufeld, der die jüngste Biographie zu Wernher von Braun schrieb, äußert sich kritisch zu Wernher von Braun: „ Sein Leben ist .... ein Symbol für die Versuchungen von Ingenieuren und Wissenschaftlern in jenem Jahrhundert und darüber hinaus – die Versuchung, an Massenvernichtungswaffen zu arbeiten im Namen der Verpflichtung gegenüber dem Staat, und die Versuchung, für ein verbrecherisches System zu arbeiten im Austausch gegen die Finanzierung von Forschungen, die einem am Herzen liegen. Wernher von Braun war wirklich der Faust des 20. Jahrhunderts.“ (Michael J. Neufeld, S. 566)

Im Sinne der Völkerverständigung und Versöhnung gemäß dem Grundgesetz, das die demokratischen Grundzüge unserer Gesellschaft festschreibt und das nach den schrecklichen Ereignissen der Nazi-Diktatur entstanden ist, darf eine Schule niemals den Namen Wernher von Brauns tragen.

Unsere Organisation „Gegen Vergessen - Für Demokratie“ wird alle denkbaren Schritte unternehmen, um die Umbenennung des Friedberger Gymnasiums gemeinsam mit anderen Organisationen zu initiieren. Gerne stehen wir für einen Gedankenaustausch zur Verfügung.