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Spiel auf Zeit - NS-Verfolgte und ihre Kämpfe um Anerkennung und Entschädigung

Freitag, 3. Februar 2017

18:00 Uhr, Hessische Landeszentrale für politische Bildung, Taunusstraße 4–6, Wiesbaden,

Lichtbildervortrag und Buchvorstellung von Nina Schulz (Text) und Elisabeth Mena Urbitsch (Fotos) sowie mit Margret Hamm von der AG Bund der „Euthanasie“-Geschädigten und Zwangssterilisierten

„Die deutsche Politik muss sich mit den Opfern als Menschen beschäftigen. Wir sind kein Abstraktum“, hat der griechisch-schweizerische Schriftsteller und Übersetzer Argyris Sfountouris unbezweifelbar zutreffend festgestellt. „Würden Opfer entschädigt“, so der Überlebende des SS-Massakers vom 10. Juni 1944 im griechischen Distomo weiter, „würden sich Kriege nicht mehr lohnen.“ Doch von der deutschen Justiz sind die damaligen Täter nie zur Verantwortung gezogen worden.

Die Politik der Bundesrepublik Deutschland gilt in der öffentlichen Wahrnehmung weltweit als Modell einer gelungenen „Entschädigung“ für die Opfer der NS-Kriegsverbrechen und der faschistischen Verfolgungspraxis überhaupt. Tatsächlich hat aber die überwiegende Mehrzahl der über 20 Millionen vom Hitler-Regime aus rassistischen, politischen und religiösen Gründen Verfolgten niemals eine „Entschädigung“ erhalten. Andauernde Auseinandersetzungen über dieses Thema bestimmen nach wie vor den Alltag zahlloser überlebender NS-Verfolgter und überschatten zudem die Beziehungen unseres Landes zu anderen Staaten. An zahlreichen Beispielen lässt sich belegen, dass die so genannte Wiedergutmachung mehr ein Mythos ist, als dass sie einem „Modell“ ähnelt.

Das Leben der letzten überlebenden Opfer des NS-Regimes neigt sich nun seinem Ende entgegen, womit sich auch die Frage aufdrängt, wie die Erinnerung an ihre leidvollen Erfahrungen sowie an die unsäglich vielen NS-Verbrechen weiterhin wachgehalten werden kann. Das Buch von Schulz und Urbitsch soll einen Beitrag hierzu leisten und darüber hinaus aufzeigen, dass Deutschland in dieser Hinsicht eine ganz besondere historische Verantwortung trägt – trotz aller „Schlussstrich“-Debatten.

An biographischen Beispielen einiger NS-Verfolgter, die für die historisch noch immer unaufgearbeiteten faschistischen Verbrechen und damit für weiterhin „offene Rechnungen“ der Geschichte stehen, wird deren bis heute fortwährendes Ringen um Anerkennung und um „Entschädigung“ geschildert. Auch wird die Frage zu beantworten versucht, wie sie ihre Geschichte mit juristischen Mitteln, aber auch durch ihre politische Arbeit vor dem Vergessen bewahren könnten. Hierbei steht die Perspektive der einst Verfolgten selbstredend immer im Vordergrund.

Über die Autorinnen
Die Journalistin Nina Schulz, die u. a. für FAZ, Freitag und taz arbeitet, kooperiert seit über zehn  Jahren mit der Fotografin Elisabeth Mena Urbitsch. Der Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt auf Reportagen zu erinnerungspolitischen Themen. Ihr Werk „Spiel auf Zeit“ wurde 2010 mit dem Alternativen Medienpreis ausgezeichnet. Fünf Jahre später erhielten die beiden Hamburgerinnen diesen Preis ein zweites Mal, diesmal für ihre Reportage „Hasenbrote“ aus der Reihe „Offene Rechnungen“, in der sie die andauernden Auseinandersetzungen von NS-Verfolgten um Anerkennung und „Entschädigung“ schildern.
Margret Hamm war viele Jahre Geschäftsführerin des Bundes der „Euthanasie“-Geschädigten und Zwangssterilisierten. Ein Kapitel des Buches behandelt ihren Kampf für die Anerkennung und „Entschädigung“ von Menschen aus dieser Opfergruppe.

Eintritt: frei

Veranstalter
Hessische Landeszentrale für politische Bildung; Verein „Gegen Vergessen – Für Demokratie“