Was tun, bevor es brennt!

Von Eva Berendsen.

Menschenrechtsmemory und mehr: Das Mobile Lernlabor „Mensch, Du hast Recht(e)!“ der Bildungsstätte Anne Frank trägt die Auseinandersetzung mit Rassismus, Diskriminierung und Menschenrechten in den ländlichen Raum

Beginnen wir an der Klangdusche: Dort kann man hören, was Prominente wie Angela Merkel und der Fußballer Kevin-Prince Boateng zu Rassismus sagen. Dann geht es weiter, zur Diskriminierungspinnwand, zum Menschenrechtsmemory oder zur Schublade mit den Bildern, die zeigen, wie diskriminierend Werbung oftmals ist.

Das Mobile Lernlabor „Mensch, Du hast Recht(e)!“, das die Bildungsstätte Anne Frank mit Unterstützung von Aktion Mensch als Wanderausstellung für den ländlichen Raum konzipiert hat, ist mehr als eine typische Ausstellung. Es ist eine Konfrontation mit gängigen  Alltagsgewissheiten und Normvorstellungen. Es vermittelt nicht Wissen von oben nach unten, sondern möchte sein Publikum herausfordern, irritieren – und aktivieren.

An zahlreichen Stationen werden die BesucherInnen aufgefordert, über Identitäten und Zuschreibungen nachzudenken. Ist es okay, von „Farbigen“ zu sprechen? Was halten wir für „normal“: Mutter und Vater, zwei Mütter oder zwei Väter? Das Leben in der Kleinfamilie oder in der WG? Wer entscheidet, was „normal“ ist? Warum laufen in Deutschland zum Beispiel kaum Werbespots, die Frauen mit Kopftuch zeigen?

„Das Lernlabor zeigt, wie sich Debatten über Lebensgestaltungen und gesellschaftliche Leitbilder auf öffentliche Räume und damit das Zusammenleben auswirken“, sagt Nicole Broder, die das Lernlabor leitet. Es geht darum, Jugendliche für Rassismus und Diskriminierung in ihrem direkten Umfeld zu sensibilisieren und sie mit dem Thema Menschenrechte vertraut zu machen.

„Wir füllen mit dem Mobilen Lernlabor eine Lücke – das gilt insbesondere für den ländlichen Raum“, sagt Saba Nur Cheema von der Bildungsstätte, die das Mobile Lernlabor mit konzipiert hat. Abseits der urbanen Zentren gebe es kaum innovative Bildungsangebote für Jugendliche zum Thema Rassismus. Das jedenfalls hätten die MitarbeiterInnen der Bildungsstätte Anne Frank immer wieder feststellen müssen, wenn sie zu Beratungen in akuten Konfliktfällen – oft mit rechtsextremem Hintergrund – in Dörfer und Gemeinden gerufen werden. „Das Lernlabor hat einen präventiven Charakter“, sagt Saba Nur Cheema. „Wir wollen intervenieren, bevor es brennt.“

Um die Jugendlichen abzuholen und neugierig zu machen, ist das Mobile Lernlabor – anders als gängige Ausstellungen – interaktiv konzipiert. „Es ist weniger ein klassisches Format der Wissensvermittlung als Anlass zu Reflexion, Gesprächen und zur Auseinandersetzung“, sagt Nicole Broder. Schülergruppen werden von eigens geschulten TeamerInnen durch die Ausstellung begleitet. An der Diskriminierungspinnwand beispielsweise ist die Gruppe gefordert, zu überlegen, ob sie bestimmte Aussagen der Alltagssprache („farbig“, „Zigeunersoße“, „Schwarzarbeit“) als diskriminierend erkennen oder nicht. In der Gruppe werden die Überlegungen anschließend zur Diskussion gestellt. „Bislang hat es in den meisten Gruppen Aha-Erlebnisse gegeben“, berichtet Nicole Broder.

Im Mobilen Lernlabor werden nicht zuletzt Handlungsmöglichkeiten vorgestellt und diskutiert: Wie finden wir ein Ziel für die Klassenfahrt, auf das alle Lust haben? Setzen wir auf Konsens, Kompromiss oder den Mehrheitsentscheid? Wie funktioniert eigentlich Demokratie? Und was tun wir, wenn Neonazis in unserer Gemeinde zu einer Demonstration aufrufen? An wen können wir uns wenden?

Das Mobile Lernlabor bietet außerdem Raum, über Alternativen nachzudenken. Es stellt den BesucherInnen die Frage: In welcher Welt wollen wir eigentlich leben?

Das interaktive Angebot der Bildungsstätte Anne Frank richtet sich an Jugendliche ab 14 Jahren. Buchung und Anfragen an Nicole Broder (nbroder(at)bs-anne-frank.de).

Weitere Informationen

Partner vor Ort

Gemeinden, Kommunen, zivilgesellschaftliche Initiativen, Vereine, Kirchen und weitere Institutionen oder Gruppen in Hessen und angrenzenden Regionen können das Angebot buchen.

Ablauf vor Ort

Das Lernlabor ist je nach Bedarf zwei bis sechs Wochen vor Ort.

Die Bildungsstätte Anne Frank bietet an jedem Ort einen regulären Informationsabend für LehrerInnen und BegleiterInnen an. Dort erhalten Sie eine Handreiche, wie Sie den Besuch im Lernlabor vor- und nachbereiten können.

Workshops / Begleitung

Gruppen können zusätzlich eine Begleitung und/oder einen Workshop buchen, um die Themen Diskriminierung, Rassismus und Menschenrechte zu vertiefen. Auskunft über Inhalte und Kosten erhalten Sie auf Anfrage.

Leihgebühr

300 Euro

Infrastruktur

Ausstellungsfläche: ca. 100 qm
Ein normaler Stromanschluss ist notwendig.

Tourdaten & Medienberichte

www.bs-anne-frank.de/ausstellungen/mobiles-lernlabor-mensch-du-hast-rechte/

www.bs-anne-frank.de/presse/

 

Eva Berendsen ist Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit in der Bildungsstätte Anne Frank.