Gegen Rechtsextremismus im Sport

Auszug aus einem Artikel der Mainpost vom 8. Mai 2012

„Wir wollen damit rechtsextremen Aktivitäten in Vereinen vorbeugen und das große integrative Potenzial des Sports mit Werten wie Fairness und Toleranz nutzen“, erklärt Projektleiter Martin Ziegenhagen. „Denn Fair Play bedeutet nicht nur spielen nach Regeln. Es bedeutet auch, den Gegner zu achten und als Mensch zu respektieren.“ Joachim Gauck drückt es so aus: „Sport ist eine Schule der Demokratie.“

Etwa jeder dritte Deutsche ist Mitglied in einem Sportverein, insgesamt haben sich laut Deutschem Olympischem Sportbund (DOSB) rund 27,6 Millionen Menschen in 91 000 Klubs zusammengeschlossen. Dadurch ist der organisierte Sport ein Spiegel der Gesellschaft – und wie sie nicht vor Phänomenen wie Rechtsextremismus und Rassismus, Antisemitismus und Ausgrenzung sowie damit verbundener Gewalt gefeit.

All diese Phänomene sind bundesweite Probleme, es gibt sie „überall dort, wo die Demokratie schwach ist“, sagt Ziegenhagen. „Und das ist vor allem im ländlichen Raum der Fall.“ Wenngleich das Problem Rechtsextremismus in den ostdeutschen Ländern gemessen an deren Bevölkerungszahlen am größten sei – präsent sei es ebenso im Westen, in Nordrhein-Westfalen oder Baden-Württemberg. Oder in Bayern.
 
Der Münchner Journalist Robert Andreasch, Kenner der rechten Szene im Freistaat, sagte kürzlich in einem Vortrag in Schweinfurt: In Bayern leben mehr aktive Neonazis als in allen anderen Bundesländern. Er berief sich dabei auf eine Studie der Uni Leipzig. Auch Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sprach bei der Vorstellung des bayerischen Verfassungsschutzberichts Ende März davon, dass seit Aufdeckung der Neonazi-Mordserie im Herbst 2011 „eine Zunahme der Aktivität der rechtsextremen Szene“ zu beobachten sei.

Die Zahl der Neonazis in nicht organisierten Gruppen ist demnach seit 2009 von 500 auf 700 gestiegen. Besonders in Franken mit seinen virulenten Zentren Nürnberg, Gräfenberg und Wunsiedel treten Rechtsextreme laut Verfassungsschutz aggressiv und gewalttätig auf. In Unterfranken gibt es laut Innenministerium rund 130 Mitglieder rechtsextremistischer Parteien, etwa 70 Neonazis und 30 rechtsextremistische Skinheads.
 
Wie viele Menschen mit rechter Gesinnung Sportvereine als Plattform zu missbrauchen versuchen, darüber gibt es keine Zahlen. Nicht zuletzt aus der wissenschaftlichen Studie „Rechtsextremismus im Sport“ (2009) geht aber hervor, dass sie am häufigsten im fußballerischen Umfeld zu finden sind. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) „nimmt das Problem jedweder Diskriminierung im Fußballsport sehr ernst“, sagt Vizepräsident Rainer Koch.

So habe der DFB Ende 2008 einen eigenen Sport-Straftatbestand für Diskriminierung und ähnliche Tatbestände in seiner Rechts- und Verfahrensordnung aufgenommen, der von allen seinen Landesverbänden übernommen wurde. Koch, auch Präsident des Bayerischen Fußball-Verbandes (BFV), verweist zudem auf präventive Kampagnen wie den Anti-Rassismus-Spot des BFV, der mehr als einer Million Menschen in Bayerns Fußballstadien gezeigt worden sei.

All das hielt einige Fans des Würzburger FV auf der Busfahrt zum Spiel in Hof am 20. April mutmaßlich nicht davon ab, Adolf Hitler ein Geburtstagslied zu singen und während der Partie rassistisch gegen Hofer Spieler zu pöblen. Das Beispiel verdeutlicht: Rechts ist überall. „Der Fußball ist ein Brennglas, unter dem Rassismus, Antisemitismus oder Homophobie an Schärfe gewinnen.

 Die Hemmungen fallen in der Masse schneller, die Parolen können schnell auf neutrale Zuschauer überspringen“, schrieb 2009 der Sportjournalist Ronny Blaschke. In seinem 2011 erschienenen Buch „Angriff von Rechtsaußen. Wie Neonazis den Fußball missbrauchen“ zeigt er auf, wie der Fußball Rechtsextremisten vor allem als Bühne dient, um ihre Botschaften zu verbreiten, die da lauten: „Für heimische Talentförderung – gegen Ausländer.

Möglichst viele Menschen erreichen, mit dem konträren Ziel – das wollen auch die beiden Internetportale. So sollen „Sport mit Courage“ und „Mach den Unterschied“ informieren und sensibilisieren für die Gefahr von rechts, die oft nicht mit rassistischen oder antisemitischen Sprüchen daherstürmt, sondern sich hinter sexistischen oder anderweitig abwertenden Äußerungen duckt. „Sie beginnt bei Trainern, die weggucken, wenn einer ihrer Spieler ausgegrenzt wird; bei Eltern, die diskriminierende Kommentare am Spielfeldrand abgeben; oder bei Mitspielern, die einschlägige Musik mitbringen“, betont Ziegenhagen und ergänzt: „Der Sport will mit den Portalen auch ein politisches Zeichen setzten, dass er sich seiner gesellschaftlichen Verantwortung bewusst ist und sich nicht raus hält.“

www.sport-mit-courage.de
www.mach-den-unterschied.de

Den vollständigen Artikel finden Sie unter http://mobil.mainpost.de/regional/art127465,6776568