Die Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus ist eine gesamtgesellschaftliche Daueraufgabe. Empfehlungen des Praxisforums Rechtsextremismus an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages

Im gemeinsamen Entschließungsantrag aller Fraktionen des Deutschen Bundestages vom 22. November 2011 wurde betont, dass es notwendig ist, »alle demokratischen Gruppen zu stärken, die sich gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus engagieren«. Die Arbeit gegen Rechtsextremismus ist eine zentrale Aufgabe aller demokratischen Kräfte. Sie verlangt eine Vielzahl von Ansätzen der Prävention und der Intervention. Für den Bund leiten sich für uns die folgenden Aufgaben ab:

1. Der Deutsche Bundestag stellt in einer Entschließung fest, dass die Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus und allen Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit eine gesamtgesellschaftliche Daueraufgabe darstellt und damit auch der Bund über zeitlich befristete Bundesprogramme und die Förderung von Modellprojekten hinaus zuständig und verantwortlich ist.

2. Der Deutsche Bundestag setzt einen Beauftragten zur Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus ein, der bundesweit und ressortübergreifend arbeitet und regelmäßig einen öffentlichen Monitorbericht erarbeitet. Mit einem Bundesnetzwerk für Demokratie, Weltoffenheit, Respekt und Vielfalt unterstützt der Beauftragte alle demokratischen, bundesweit agierenden Verbände und Institutionen, die sich in der Arbeit gegen Rechtsextremismus engagieren.

3. Der Deutsche Bundestag setzt sich dafür ein, dass die gesamtgesellschaftliche Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus nachhaltig gefördert wird. Damit diese erfolgreich geführt werden kann, muss der Bund selbst Kompetenzen, Ressourcen, und Strukturen bereitstellen und Verfahren der Verstetigung von leistungsfähigen Instrumenten zur Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus entwickeln und anbieten. Eine wirksame Arbeit kann nicht ausschließlich im Rahmen von Projektförderungen geschehen.
Der Deutsche Bundestag spricht sich dafür aus, dass
• die Bundesregierung bundesweite Organisationen, die mit ihren Kompetenzen und Erfahrungen als Spezialisten in der Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus anerkannt sind, beauftragt, ihre Expertise in verschiedenen Themenfeldern weiterzuentwickeln, um damit dauerhaft die vielfältigen bundesweiten Aktivitäten zu unterstützen.
• eine Weiterentwicklung von Beratungskompetenzen auf Länderebene, in Verbänden sowie Coaching und Beratung von Vertretern der Zivilgesellschaft nachhaltig unterstützt wird.
• Bund, Länder und Gemeinden einen Netzwerk- und Aktionsverbund bilden, in dem die Maßnahmen und Projekte abgestimmt werden. Seine Aufgabe ist es festzustellen, welche Defizite und Optionen prioritär sind und die Förderpolitik so zu beraten, dass sinnvolle Vorhaben und Aktionen nicht wegen Ressourcenmangel unterbleiben.
• eine strategische Entwicklung der demokratischen Zivilgesellschaft vor Ort dauerhaft unterstützt wird.
• die Bundesregierung geeignete Maßnahmen unterstützt, um einen Wissenschaft-Praxis-Transfers zu gewährleisten. Dazu zählen neben der Förderung von Modellprojekten die regelmäßige Evaluierung aller Aktivitäten sowie die Förderung von Forschungsvorhaben an Universitäten und anderen wissenschaftlichen Einrichtungen.
• die Bundesregierung die Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus im Internet als zentrale Aufgabe für sich beansprucht und dafür die notwendigen Förderstrukturen schafft. Internet-Beobachtung, Implementierung geeigneter Gegenmaßnahmen, medienpädagogische Aufklärung und Auseinandersetzung sowie Online-Beratung sind Aufgaben, die zweckmäßig nur bundesweit organisiert werden können.

4. Der Deutsche Bundestag würdigt das Engagement von aktiven Einzelpersonen, Gruppen und Netzwerken, die sich mit Rechtsextremismus auseinandersetzen und spricht sich für eine stärkere Anerkennung und Wertschätzung aus.

5. Der Deutsche Bundestag setzt sich dafür ein, die Mittel für politische Bildung zu erhöhen, um das Demokratieverständnis in der Gesellschaft zu verstärken, Partizipations- und Mitwirkungsmöglichkeiten aufzuzeigen und demokratische Werte erfahrbar zu machen.

Berlin, im Dezember 2012

Praxisforum Rechtsextremismus
Ina Bielenberg, Geschäftsführerin Arbeitskreis deutscher Bildungsstätten
Gerhard Bücker, Deutsche Sportjugend im Deutschen Olympischen Sportbund
Prof. Dr. Benno Hafeneger, Philipps-Universität Marburg
Thomas Heppener, Direktor Anne Frank Zentrum
Dr. Michael Parak, Geschäftsführer Gegen Vergessen – Für Demokratie e. V.
Sebastian Reißig, Geschäftsführer der Aktion Zivilcourage e. V. Pirna
Klaus Waldmann, stellvertretender Generalsekretär, Evangelische Akademien in Deutschland e. V.