Vortrag: Gefühlserbschaft und Erinnerungskultur. Die generationenübergreifenden Folgen des Nationalsozialismus

Donnerstag, 19. April 2018

, 19:30 Uhr

Haus am Dom, Domplatz 3, 60311 Frankfurt

Eine Veranstaltung der Regionalen Arbeitsgruppe Rhein-Main von Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V. in Kooperation mit Arbeitskreis Zwangssterilisation und "Euthanasie" in Frankfurt/Main, Haus am Dom, AG Bund der "Euthanasie"-Geschädigten und Zwangssterilisierten (BEZ), Universitätsklinikum Frankfurt

Vortrag von Dr. Jan Lohl (Sigmund-Freud-Institut)

Zwischen 1933 und 1945 hatte sich die Mehrheit der deutschen Bevölkerung mit den völkischen Zielen des Nationalsozialismus und seiner Politik gegenüber als "minderwertig" oder "lebensunwert" erklärten Menschen identifiziert. Viele Deutsche partizipierten emotional an den Größenphantasien der "Volksgemeinschaft" ebenso wie an expansiver Gewalt. Sie führten sich im NS-Alltag nicht nur Juden oder politischen Gegnern, sondern auch denjenigen gegenüber wie Herrenmenschen auf, die körperliche oder psychische Krankheiten und Beeinträchtigungen hatten oder unter einem entsprechenden Verdacht standen.

Was aber wurde nach 1945 aus diesen Identifizierungen und den sie begleitenden Gefühlen und Phantasien? Der Vortrag zeichnet die psychosozialen Nachwirkungen von kollektiven Größenphantasien und einer Hass- und Vernichtungsbereitschaft in Familien von nationalsozialistischen "Volksgenossen" nach. Deutlich wird, dass diese Gefühlserbschaften maßgeblich eine Erinnerungskultur fördern, die um das (aggressive) Vergessen der NS-Opfer kreist und deren Leid nicht anerkennt. Genau dies trägt zur andauernden (sequentiellen) Traumatisierung der Überlebenden und vermutlich noch von deren Nachkommen bei. Daran an schließt die Frage nach der Bedeutung nationalsozialistischer Gefühlserbschaften für die Entwicklung rechtsextremer Orientierungen in der Gegenwart.

Die Veranstaltung zählt zum Rahmenprogramm der Wanderausstellung "erfasst, verfolgt, vernichtet" der Deutschen Gesellschaft für Psychologie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN), die am 10. April im Haus am Dom eröffnet wird und bis zum 17. Mai im Zollamtssaal (MMK3) zu sehen sein wird.

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