Antisemitismus – Ausbeutung – Unterdrückung

Mittwoch, 25. Januar 2017

18:00 Uhr, Hessische Landeszentrale für politische Bildung, Taunusstraße 4–6, Wiesbaden,

Beitrag zum christlich-jüdischen Dialog

Buchvorstellung von Dr. Heiner Ehrbeck


Nicht anders als auch viele Historiker datierten die evangelische und die katholische Kirche den Beginn des Antisemitismus auf die Zeit nach 1870, nämlich im Zuge des Erstarkens eines übersteigerten Nationalismus in der Folge der Gründung des Deutschen Kaiserreichs. Die vorherige Verfolgung und Ermordung von Juden wurde und wird dagegen als „Antijudaismus“ bezeichnet, welcher mit dem „Antisemitismus“ nichts gemein habe. Seit dem Jahr 2000 haben sich die beiden christlichen Kirchen jedoch von jener Auffassung distanziert. Nun bekennen sie sich zu ihrer Mitverantwortung an der „Versündigung der Christen an den Juden im Laufe der Geschichte“ wie auch an der „systematischen Vernichtung des europäischen Judentums“.

Grundlage des Vortrages ist die unter demselben Titel erschienene, mit Bestnoten bewertete Dissertation des langjährigen hessischen Berufsschullehrers, der hiermit erstmals eine Gesamtdarstellung zum Thema vorgelegt hat. Diese ist insbesondere auch pädagogisch gut verwendbar, hat Ehrbeck ihr doch eigens eine ausführliche Unterrichtskonzeption für Kurse in Schulen, Volkshochschulen und Hochschulen beigefügt. Es wird detailliert beschrieben, wie seit nahezu zwei Jahrtausenden kirchliche Stellen mit Unterstützung des Staates und unter dessen Schutz innerhalb der Mehrheitsbevölkerung judenfeindliche Ressentiments geschürt haben. An den Juden wurde dabei ein Exempel statuiert, das der Perpetuierung autoritärer Herrschaft dienlich war. Diese stellte die Grundlage dar für die finanzielle Ausbeutung der Bevölkerung insgesamt und hier insbesondere wiederum für die der Juden. Dieser Teil der Geschichte ist weitgehend verdrängt.

Auf tief greifende Weise wird deutlich gemacht, dass der Hass auf die Juden keineswegs erst während der NS-Gewaltherrschaft erweckt wurde, sondern z. B. schon Martin Luther, Johann Gottlieb Fichte, Friedrich Nietzsche und selbst Karl Marx zu seinen Propagandisten gehört hatten. Ehrbeck möchte erklären, wie es zu alledem kommen konnte, auch wer dabei welche Interessen verfolgte. Die Verwendung von Schuldkategorien sei hierbei freilich kontraproduktiv, weil dadurch „die Diskussion beendet“ werde und „dann keine Schlüsse mehr“ gezogen werden könnten, „wie es künftig anders werden könne“. Im Übrigen sei Antisemitismus, so der Autor resümierend, „keine Frage des Bildungsstands“, sondern „eine Frage der Menschlichkeit“.

Über den Autor
Geboren 1944 in Göttingen, studierte er dort wie auch in Mannheim Betriebswirtschaftslehre und Philosophie. Nach seinem Abschluss als Diplomkaufmann im Jahr 1974 sowie dem anschließenden Referendariat für berufliche Schulen wirkte er von 1976 bis 2001 in diesem Bereich in Frankfurt/M., zuletzt als Oberstudienrat. Nach sechsjähriger Forschungsarbeit wurde der einstige Bad Vilbeler Kommunalpolitiker im Jahr 2014 mit seinem beeindruckenden Werk zum Antisemitismus durch den renommierten jüdischen Prof. Dr. Micha Brumlik an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt/M. promoviert.

Eintritt: frei

Veranstalter
Hessische Landeszentrale für politische Bildung; Verein „Gegen Vergessen – Für Demokratie“