Vortrag aus dem Manuskript "Staatssicherheit in Nordhausen" und anschließendem Gespräch und Gespräch

Donnerstag, 8. Juni 2017

, 16:30 Uhr

Nikolaiplatz 1, 99734 Nordhausen

BStU Außenstelle Erfurt, RAG Thüringen

In den 1970er und 1980er Jahren wirkte ein "Offizier im besonderen Einsatz (OibE)" der Kreisdienststelle Nordhausenbeim Rat des Kreises Nordhausen, Abteilung Innere Angelegenheiten. Im legendierten Dienstverhältnis eines Mitarbeiters des Rates des Kreises, als Stasi-Offizier nicht erkennbar, "bearbeitete" der OibE im Sektor Genehmigungen die Antragsteller auf Ausreise aus der DDR.

Aufbauend auf Analyseergebnisse aus ca. 700 Ausreiseanträgen beschreibt Joachim Heise in seinem Vortrag die Verschiedenartigkeit von Begrifflichkeiten, den Willen, die DDR zu verlassen, auszudrücken, zu erbitten, aber auch zu fordern. Da die DDR Ausreiseanträge als Affront gegen den Staat bewertete, fielen die Formulierungen zum Ausreisewillen entsprechend des Selbstbewußtseins der/s Antragsteller(s) aus, freundlich umschreibend oder berufend auf nationale und internationale Gesetze und Vertragswerke oder auch harsche Kritik an den Verhältnissen übend und die Ausreise fordernd. Die "Bearbeitung" der Anträge und Antragsteller gewährt Einblicke in die Niederträchtigkeit, Intoleranz und Menschenverachtung von SED-Funktionsträgern und den Parnern des politisch-operativenZusammenwirkens. Aus der Amtsführung des OibE lässt sich schließlich ableiten, dass für den Machterhalt der SED die sozialistischen Ideale und Wertevorstellungen außer Kraft gesetzt wurden.