„Weggesperrt – Geschichte künstlerisch gestalten“. Workshop über drei Tage in der Gedenkstätte „Zuchthaus Cottbus“ mit 57 Schülern der 10. Klassen des Humboldt-Gymnasiums zu Cottbus

von Joachim Heise, RAG Thüringen

57 Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 10  des Humboldt-Gymnasiums zu Cottbus verfügten aus dem Unterricht, dem Elternhaus, aus Presse, Funk und Fernsehen über Kenntnisse zur DDR, der SED, der Staatssicherheit, politischer Haft, Freikauf und vieles mehr. Die Übermittlung der Ereignisse von Mund zu Mund kann das Geschehene von 40 Jahren DDR nur anreißen, in der Erinnerung verblassen traumatische Erlebnisse, ewig Gestrige versuchen, rechtsstaatswidriges Agieren der SED mit ihrem Machtinstrument „Staatssicherheit“ zu verharmlosen, man hört schon mal und das immer öfter „Es war doch gar nicht so schlimm!“
Dieser Verharmlosung entgegen zu wirken und den interessierten Schüler|innen die DDR-Realität näher zu bringen, gibt es keine wirksamere Möglichkeit, als am historischen Ort der Repression auf Schicksale von Betroffenen zu stoßen und über deren Erlebnisse zu hören.

So geschehen in der Zeit vom 3. bis 5. September 2013 in der Gedenkstätte „Zuchthaus Cottbus“. 57 Schüler|innen trafen am authentischen Ort  drei Zeitzeugen, die viel zu berichten hatten, eine junge Bildungsreferentin, die mit viel Engagement Workshops der besonderen Art gestaltete und professionelle Künstler aus Projektmitteln zur Anleitung der Schüler|innen verpflichten konnte.

Tag 1

Die Schüler|innen, aufgeteilt in zwei Gruppen, lernen während einer Führung durch Zellenhaus und Produktionsstätte mit Zeitzeugen-Informationen und -Gesprächen das Zuchthaus Cottbus kennen.
In zwölf vorbereiteten Stationen im Haus I, Zellenhaus, verarbeiten und  vertiefen die Schüler|innen ihr neues Wissen anhand von kurzen Erklärungen, bei der Beantwortung von Fragen und das Artikulieren eigener Empfindungen zu den Themen:

- Cottbus-Lied,
- Stasi-U-Haft, anschließend Zuchthaus,
- Der Kassiber – ein geheimes Lebenszeichen,
- Kunst und Knast,
- Die Zelle,
- Widerstand hinter Gittern – die geheime Zeitung „Armes Deutschland“,
- „Freie“ Zeit,
- Roter Terror und die anderen,
- „Horch und Guck“ - die Zellenspitzel,
- die Zwangsarbeit,
- Freikauf oder Menschenhandel?,
- Die Realität „Gefängnis“.

Es schließt sich eine Präsentation der Ergebnisse des ersten Tages an, bevor zum Schluss des ersten Projekttages Gruppen für die gestalterische Arbeit am Tag 2  in sechs Workshops gebildet werden..

 

Tag 2

Künstlerische Gestaltung von den Erfahrungen und Eindrücken des ersten Projekttages in sechs Kunstworkshops, getrennt in Gruppen unterschiedlicher Teilnehmerzahl und verschiedener Genres:

- Gestalten mit Farbe auf Faltpappe,
- Malen,
- Bewegen / Tanz,
- Schreiben,
- Fotografie,
- Dichten.

Workshop-Leiter und Zeitzeugen stehen den Schülern|innen während des ganzen Projekttages zur Verfügung, um Anleitung zu geben und Fragen zu beantworten.
Zum Abschluss des zweiten Projekttages informieren sich die Gruppen zum Stand ihrer Arbeiten und besprechen mit der Bildungsreferentin der Gedenkstätte Organisatorisches für den dritten Projekttag.

 

Tag 3

Die Teilnehmer  erledigen, auch am dritten Projekttag, unter Anleitung der Workshop-Leiter und Zeitzeugen ihre Arbeiten und bereiten sich auf die Präsentation ihrer Kunstwerke vor.
Verteilt über das ganze Haus I und die Produktions-Halle von „Pentacon“ präsentieren die Schüler|innen ihre Projektarbeiten, wie:

- Ausdruck des Zuchthaus-Lebens in Bewegung und Tanz,
- Präsentation von ca. 30 Bildern mit Bezug zur DDR und dem Zuchthaus-Leben, der Sprecher dieser Gruppe bat alle Anwesenden, mit einer Gedenkminute an die Not und das Leid der zu Unrecht Inhaftierten zu erinnern.
- Gedichte und Kurztexte zum SED-Unrecht, zum Knast-Leben und die Erinnerung,
- kurze Erzählungen,
- Fotografien von gestellten Szenen in den Zellen, vom Freigelände und dem Verfall der
  Produktionshalle von „Pentacon“ und
- Darstellungen mit Farbe auf Faltpappen zum Haftalltag und den Hoffnungen der Häftlinge.

Eine Gruppe von einer Schülerin und zwei Schülern begleitete alle beteiligten Akteure während des Workshops und dokumentierte den Ablauf der drei Projekttage. Auch diese Gruppe präsentierte ihre Projektarbeit mit Filmaufnahmen und aussagekräftigen Einzelaufnahmen.

Schüler|innen, Projektleiter|innen, Zeitzeugen,  die Gedenkstätten-Leitung und die Bildungsreferentin und Organisatorin des Workshops, Hana Hlàskovà, zogen vor Beendigung der Projekttage Bilanz  und äußerten gleichlautend Lob und Anerkennung für alle Beteiligten  -  ein voller Erfolg!!!

Für März 2014 liegt bereits eine Anfrage für ein gleichartiges Schülerprojekt vor!

Ein Workshop, gestaltet von der Gedenkstätte „Zuchthaus Cottbus“, unter Beteiligung von zwei Mitgliedern unserer bundesweiten Vereinigung als Zeitzeugen und gefördert vom Brandenburgischen Kultusministerium.