Erklärung des Vorsitzenden zu „Corona und Demokratie“

Die Corona-Pandemie ist historisch in vieler Hinsicht ohne Beispiel. Ihre Bewältigung wirft zahlreiche neue Fragen auf. Eine breitere Öffentlichkeit erlebt, dass Politik und Wissenschaft keineswegs sofort Lösungen parat haben. Widersprüche bei der Beurteilung der Pandemie und der Maßnahmen zu ihrer Eindämmung, mühsame Fortschritte bei der Diagnose der Krankheit und ihrer Behandlung, kontroverse wissenschaftliche Diskurse und daraus resultierende Unsicherheiten bei der politischen Entscheidungsfindung sind die logische Folge. Wissenschaften, Politik und Gesellschaft durchlaufen gegenwärtig Lernprozesse.

Der Verein „Gegen Vergessen – Für Demokratie“ warnt davor, sich in dieser Situation in Ideologien, Irrationalismen und absurde Spekulationen zu flüchten und die Pandemie instrumental zu nutzen. Wir plädieren nachdrücklich dafür, die Krise – unter Anwendung von Rationalitätskriterien – den Werten des Grundgesetzes verpflichtet solidarisch zu bewältigen

Das Grundgesetz ist die Basis unserer Demokratie. Die Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung. Grundlegend sind dabei die Artikel 1 und 2. In Artikel 2, Absatz 2 heißt es: „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.“ Wenn zur Durchsetzung dieses Grundsatzes verschiedene Grundrechte begrenzt werden, so muss das verhältnismäßig sein. Über diese Fragen gibt es Kontroversen, von denen manche Positionen problematisch sein mögen, jedoch als Teil des demokratischen Diskurses zu betrachten sind.

Maßnahmen, die Grundrechte zeitweilig einschränken, bedürfen der Begründung und sind – bei längerer Dauer – immer wieder zu überprüfen. Doch geht es offenbar nicht wenigen Demonstranten der letzten Tage gar nicht darum, sondern um die Verbreitung von Verschwörungstheorien und rechts- oder linksextremen Ideologemen sowie um den Kampf gegen unsere Demokratie. Wir haben als Demokraten diesen Tendenzen, bei denen auch eine antisemitische Unterströmung eine Rolle spielt, entschieden entgegenzutreten.

 

15. Mai 2020

Prof. Dr. Bernd Faulenbach

Vorsitzender von Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V.