Primaries

Cornelia Schmalz-Jacobsen

Das Thema Bürgerbeteiligung hat Konjunktur, viele Leute zerbrechen sich ihre Köpfe, wie man die Bürgerinnen und Bürger besser erreichen, und zu mehr Mittun animieren kann. Dabei geht es immer um Sachentscheidungen.

Es ist jedoch nicht zu übersehen, dass es nicht nur eine Politikverdrossenheit gibt, sondern auch die oft angeführte Politikerverdrossenheit. Daraus hervorgegangen sind bereits einige Wahlrechtsänderungen, nur um ein Beispiel zu nennen, die Direktwahl von Landräten und Bürgermeistern in einigen Bundesländern.

Wir sollten weitergehen und die personelle Auswahl, die weitestgehend bei den politischen Parteien liegt, ändern. Es wäre ein klarer und mutiger Schritt, uns an den amerikanischen Vorwahlen, den Primaries,  zu orientieren. Danach können sich einfache Parteimitglieder, oder sogar auch Wahlberechtigte ohne Parteimitgliedschaft beteiligen.  Die Belebung des politischen Wettbewerbs liegt auf der Hand.  In den USA wurde dieses Verfahren eingeführt, um die demokratische Transparenz zu fördern.

Die Regeln sind von Staat zu Staat unterschiedlich, und sie sehen auf dem Papier äußerst kompliziert aus , die Amerikaner scheinen damit aber gut klar zu kommen! Es gibt die Open Primaries,  Semi Open Primaries, Closed Primaries und den sogenannten Caucas. Zwischen  diesen Verfahren gibt es Unterschiede, in jedem Fall aber ist  ein höheres Interesse und im Vergleich zu uns, ein Mehr an Bürgermitsprache gewährleistet.

Die Vorwahlen finden immer von Januar bis Juni eines Wahljahres statt, und es gibt einen feststehenden Wahltag, einmal im Jahr, und das ist jeweils der erste Dienstag im November. Auch das könnte vielleicht ein Vorbild sein. Der Zustand, den wir in Deutschland haben, zumal in diesem Jahr mit neun Wahlen zu Landtagen und Kommunen, empfinden die meisten Wählerinnen und Wähler, wie auch die „politische Klasse“ als  Last. Es muss ja nicht auf ein einziges Datum konzentriert werden, aber ein fester Tag für  Wahlen zu öffentlichen Ämtern, z. B. jeweils einer im Frühling und einer im Herbst, das wäre ein Fortschritt.

Cornelia Schmalz-Jacobsen war von 1988 bis 1991 Generalsekretärin der FDP und von 1991 bis 1998 Ausländerbeauftragte der Bundesregierung. Sie ist stellvertretende Vorsitzende von Gegen Vergessen – für Demokratie e.V.