Beispiel Chemnitz

In den frühen Morgenstunden des 26. August 2018 wurde ein Deutsch-Kubaner bei einem Streit mit Asylbewerbern mit einem Messer erstochen. Den Tod des 35jährigen am Rande des Chemnitzer Stadtfestes nahmen Rechtextremisten und Neonazis an den folgenden Tagen zum Anlass, in der Stadt Jagd auf Migranten und vermeintliche politische Gegner zu machen. Augenzeugen berichteten von Jagdszenen und Morddrohungen.

Die drittgrößte sächsische Stadt am Nordrand des Erzgebirges kommt seitdem nicht mehr zur Ruhe: Aufmärsche der AfD im Verbund mit der rechtsextremen Terrorzelle „Revolution Chemnitz“ und einer rechtsradikalen Bürgerinitiative „Pro Chemnitz“, Angriffe mit Steinen und Eisenstangen auf das jüdische Restaurant „Schalom“, Überfälle auf das syrische Restaurant „Safran“, das persische Lokal „Schmetterling“ und das türkische Bistro „Mangal“ – Rechtsextreme und Neonazis proben in Chemnitz den Aufstand gegen den demokratischen Rechtsstaat.

Indirekte Schützenhilfe lieferte ihnen der inzwischen aus dem Amt geschiedene Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen, der bis zuletzt in Interviews und Reden das Ausmaß rechtsextremer Angriffe bagatellisierte. Auch die sächsische Polizei musste sich vorwerfen lassen, auf die Gefahr der extremen Rechten trotz deutlicher Vorwarnungen nicht angemessen reagiert zu haben.

 

Schlussfolgerungen: Die Möglichkeit einer direkten Intervention in die Ereignisse von Chemnitz war für Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V. nicht gegeben. Dass die Konflikte in der sächsischen Stadt durch den Streit im Fall Maaßen bundespolitisch noch überlagert waren, machte die Lage noch schwieriger. Umso wichtiger ist es, wenigstens im Nachgang die Ursachen für die Eskalation zu erkennen.

Zahlreiche Einwohner von Chemnitz sind inzwischen dazu übergegangen, dem braunen Mob nicht länger Straßen und Plätze zu überlassen. Sie haben begriffen, dass es den Neonazis nicht um die Trauer um einen Toten geht, sondern dass diese das schreckliche Geschehen für ihre demokratiefeindlichen Ziele ausschlachten.

Neben Bürgerinitiativen gegen rechte Demagogen sollten künftig auch Schulen verstärkt in die Abwehr rechtsextremistischer Herausforderungen mit einbezogen werden. Die jüngste Vergangenheit von „Karl-Marx-Stadt“ bietet Jugendlichen Ansatzpunkte für eigene Recherchen. Chemnitz war vor dem Krieg und auch zur DDR-Zeit ein weltweit geschätztes Zentrum der Herstellung von Textil- und Werkzeugmaschinen. Die ehemalige Werkzeugfabrik „Hermann und Alfred Escher AG“ ist heute Sächsisches Industriemuseum.

Chemnitz besaß früher am Südrand der Stadt einen eigenen Flughafen. Die damit verbundenen Geschichten könnten ebenfalls Gegenstand eines Recherche-Projektes sein, an dem sich Schülerinnen und Schüler beteiligen.