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Nachruf auf Barend Koekkoek

von Volker Mall

Barend Koekkoek  wurde am 23. Mai 1910 in Groningen geboren. Von 1940 bis 1942 arbeitete er als Drucker bei der Firma J. P. Kamperdijk in Amsterdam und war im Widerstand. Er hatte sechs Geschwister, die alle im Holocaust umkamen. Er war verheiratet mit  Aaltje Dieuwertje Broekhuizen, einer Nichtjüdin. Der Sohn Johannes (Joop) Philip Koekkoek wurde am 14. Juni 1943 geboren.

Am 18. April 1944 wurde Barend Koekkoek in Amsterdam verhaftet und ins Gefängnis in Scheveningen gebracht. Von dort kam er am 4. Mai 1944 nach Westerbork und am 5. September 1944 von Den Haag aus nach Auschwitz. Der Transport von dort kam am 18. Oktober 1944 in Stutthof an;  am 17. November 1944 wurde er nach Hailfingen transportiert. Dort starb er am 28. November 1944 – fiktive Todesursache „Herzmuskel- und Kreislaufschwäche“  –  und wurde am 5.12.1944 im Krematorium Reutlingen eingeäschert.

 Im Frühjahr 2009 warenwir auf einen Brief des niederländischen Roten Kreuzes an Frau Aaltje Dieuwertje Koekkoek gestoßen, in dem ihr mitgeteilt wurde, dass ihr Mann, Barend Koekkoek, am 28. November 1944 in Natzweiler gestorben sei. Über den Geburtsnamen von Frau Koekkoek konnten wir den in den Niederlanden lebenden Sohn des Ehepaares, Joop Koekkoek, ausfindig machen.

60 Jahre lang hatten seine Mutter und er angenommen, dass sein Vater in Natzweiler (Elsass) gestorben sei, weil es so ja vom Roten Kreuz mitgeteilt worden war. Wir teilten ihm nun mit, dass Barend Koekkoek im  KZ Hailfingen/Tailfingen, einem Außenlager von Natzweiler, gestorben ist, und dass er am 5. Dezember 1944 im Krematorium Reutlingen im Friedhof „Unter den Linden“ eingeäschert wurde.

 Joop Koekkoek  kam im September 2009 mit seiner Frau Nora nach Herrenberg und Tailfingen. Bei einem Besuch des Friedhofes „Unter den Linden“ legten sie einen Strauß an der Stelle nieder, an der die Asche von Barend Koekkoek liegt. Wie die Tochter des ersten Hailfinger Opfers, Marga Griesbach geb. Steinhardt (USA) und der Sohn von Alfred Wald, Robert Wald (Montpellier), die im Sommer 2008 den Friedhof besucht hatten, bedauerte und kritisierte auch Joop Koekkoek, dass an dieser Stelle, dem Mahnmal mit der Inschrift „Den Opfern der Gewalt 1933-1945“, jeder Hinweis auf die Opfer fehlte.

Barend Koekkoeks Frau war 2004 gestorben. Joop Koekkoek brachte bei seinem Besuch eine Fülle von Dokumenten aus dem Nachlass seiner Mutter mit, mithilfe derer das im Gedenkbuch „Jeder Mensch hat einen Namen“ abgedruckte Porträt ergänzt werden konnte.

Joop und Nora Koekkoek kamen zur Eröffnung der Gedenkstätte und nahmen am 6. Juni 2010 an der Einweihung der Namenstafel auf dem Reutlinger Friedhof teil. Joop Koekkoek war sehr froh über das Zusammentreffen mit Überlebenden, die zusammen mit seinem Vater im Lager waren.

Wir hatten ausgemacht, dass er die letzte Band, die er im Ruhestand noch als Manager betreute, zu einem Konzert  nach Tailfingen bringt. Leider konnten er und seine Frau zum Auftritt der Steel Electric Band am 12. April 2011 im „Grünen Baum“ nicht mitkommen. Ursprünglich wollten sie auf der Rückreise vom Urlaub Ende Juni 2011 erneut zu uns  ins Gäu kommen. Daraus wurde leider nichts mehr, weil Joop Koekkoek kurz vorher schwer erkrankte.

Joop Koekkoek ist am 7. Juli 2011 gestorben. Wenige Wochen zuvor hat er geschrieben:
 „Leider werde ich nicht mehr gesund. Darum bin ich froh darüber, was ich in den letzten Jahren erfahren habe in Hailfingen. Es ist gut Freunde da zu haben. Ich danke Dir und deinen Freunden dafür, was sie für uns gemacht haben... Nora und ich danken dafür...“

 Wir trauern um einen Freund.

 

Volker Mall ist Mitglied der RAG Baden-Württemberg, Sektion Böblingen/Herrenberg/Tübingen