Mitteilungen

Fundamentalismus und Toleranz

Religionsgemeinschaften und der säkulare Staat

Dem Spannungsfeld von Fundamentalismus und Toleranz widmeten sich Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V. und die Evangelische Akademie Berlin in einer gemeinsamen Abendveranstaltung am 8. Februar 2012 in der Französischen Friedrichstadtkirche

Zunächst nahm Dr. Christoph Thiele, Leiter der Rechtsabteilung des Kirchenamtes der EKD, eine Bestimmung des Verhältnisses von Staat und Weltanschauungsgemeinschaften aus juristischer Perspektive vor. Der demokratische Rechtsstaat, so Thiele, schütze das Individuum in seiner Religionsausübung, wohl wissend, dass es Aspekte gibt, die Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften in Konfrontation mit dem Staat bringen können. Die Unterstellung prinzipieller Intoleranz der Religionen sei dabei ebenso wenig hilfreich wie das Beharren auf Positionen, die geeignet sind, die Verfassungstreue von Angehörigen einer Religionsgemeinschaft in Frage zu stellen.

Ertugrul Sahin, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Kultur und Religion des Islam der Goethe-Universität Frankfurt am Main, nahm daran anknüpfend eine Standortbestimmung zum Thema Islam und Demokratie vor. Dabei ging er auch auf die Umwälzungen im Zuge des „arabischen Frühlings“ und die Chancen und Möglichkeiten einer demokratischen Kultur in den Ländern des Nahen und Mittleren Ostens ein.

Zum Ende des Abends hin diskutierten, moderiert vom Direktor der Evangelischen Akademie Berlin, Dr. Rüdiger Sachau, auf dem Podium Ertugrul Sahin, die Studienleiterin für Interreligiösen Dialog der Evangelischen Akademie Berlin, Dr. Erika Godel, der ehemalige Regierende Bürgermeister von Berlin und stellvertretende Vorsitzende von Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V., Eberhard Diepgen, Dr. Ehrhart Körting, Senator für Inneres und Sport a.D., und Ekin Deligöz, Bundestagsabgeordnete und Vorstandsmitglied von Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V., miteinander und bestimmten das Verhältnis von Staat und Religion aus ihren jeweiligen persönlichen und politischen Erfahrungen heraus. Einig waren sich die Diskutierenden darüber, dass die verfassungsrechtlichen Garantien religiöser Freiheiten immer wieder den sich verändernden gesellschaftlichen Verhältnissen angepasst werden müssen und dass die Forderung nach gegenseitiger Achtung und Toleranz in einer multireligiösen heterogenen Gesellschaft allen gläubigen und nichtgläubigen Staatsbürgern gegenüber erhoben werden muss, um Fundamentalismus wirksam entgegenwirken zu können.